In Nünchritz machen sie richtig viel Dampf: So will das Chemiewerk den Gas-Ausstieg schaffen
Nünchritz - Noch brauchen sächsische Firmen das russische Erdgas. Doch ein Industrie-Gigant zeigt jetzt, wie es auch ohne den umstrittenen Rohstoff gehen könnte. Wacker Chemie will mit seinem großen Werk in Nünchritz (Landkreis Meißen) den Ausstieg schaffen.
Das Werk betreibt seine eigene Wasserstoff-Anlage. Mithilfe des Wasserstoffs entsteht dort Polysilizium. Das Polysilizium ist der Grundstoff für Solar-Zellen. Der Ablauf wirkt nachhaltig - doch nur auf den ersten Blick.
"Unser Wasserstoff wird aus Erdgas hergestellt", erklärt Markus Kirchhoff (55), Leiter der Energieversorgung im Werk. Die zweite erdgashungrige Station auf dem Wacker-Gelände ist das Dampf-Kraftwerk. "Ohne Dampf geht in der Produktion nichts. Das heißt: Auch ohne Erdgas geht hier nichts.
"Was im 130 Hektar großen Wacker-Werk in Nünchritz passiert, hat Bedeutung weit über die Werkstore hinaus. Die rund 1500 Mitarbeiter produzieren unter anderem Silikone, die bei Klebern und Ziegeln zum Einsatz kommen, sowie pyrogene Kieselsäure, die sich im Feuerlöscher und im Hustensaft findet.
Dass am Anfang der Produktion das Erdgas steht, soll sich nun ändern.
Erdgas-Ausstieg bei Wacker Chemie dauert noch Jahre
"Wir wollen uns komplett vom Erdgas befreien", sagt Markus Kirchhoff. Im Dampf-Kraftwerk hat der Umbruch schon begonnen. "70 Prozent unseres Dampfes erzeugen wir bereits über Wärme-Rückgewinnung."
Das funktioniert so: Wenn der Dampf vom Kraftwerk in die Produktion geht, entsteht dort Wärme. Diese Wärme wird über Wärmepumpen zurück ins Kraftwerk geführt, um dort neuen Dampf zu erzeugen.
Auch für die Wasserstoff-Anlage gibt es große Pläne: "Wir wollen den Wasserstoff künftig nur noch aus Elektrolyse gewinnen." Dabei wird Wasser mithilfe von Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. "Grüner" Wasserstoff entsteht dabei aber nur, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien kommt.
Der Ausstieg aus dem Erdgas ist ein langer Weg, doch Kirchhoff ist sicher: "Innerhalb von zehn Jahren ist das möglich."
Titelfoto: Steffen Füssel