Erhöhter Klärungsbedarf: Stadtentwässerung pumpt Millionen Euro ins System

Dresden - Wachsende Chip-Industrie und Bevölkerung, verschärfte Gesetze: In den nächsten 15 Jahren pumpt die Stadtentwässerung Hunderte Millionen Euro in Ausbau und Modernisierung der Leitungen und die Kläranlage Kaditz.

Die Chip-Produktion in Dresden wird ausgeweitet.
Die Chip-Produktion in Dresden wird ausgeweitet.  © Robert Michael/dpa

Anfang der 1990er-Jahre war das alte DDR-Abwassernetz der Elbmetropole Dresden in einem miserablen Zustand. Seitdem wurde gut eine Milliarde Euro für die Sanierung in die Hand genommen.

Dass in den kommenden eineinhalb Jahrzehnten weitere 630 Millionen Euro hinzukommen, nennt Stadtentwässerungs-Chef Ralf Strothteicher (61) schlichtweg "historisch".

Ein paar Beispiele für den feuchtfröhlichen Umbau-Marathon: Der zehn Kilometer lange Industriesammler Nord soll für 71 Millionen Euro die Abwässer aus dem Chip-Revier (sollen sich künftig verdreifachen) schneller ins Klärwerk Kaditz bringen.

2000 neue Jobs und 10 Milliarden Euro teuer: Startschuss für Dresdens neue Chipfabrik!
Dresden Wirtschaft 2000 neue Jobs und 10 Milliarden Euro teuer: Startschuss für Dresdens neue Chipfabrik!

Einer Überlastung des Neustädter Netzes wird damit vorgebeugt. Fertigstellung des bereits laufenden Mammut-Projektes: 2026.

Für 34 Millionen Euro sind zwei neue Nachklärbecken in Kaditz geplant.
Für 34 Millionen Euro sind zwei neue Nachklärbecken in Kaditz geplant.  © Stadtentwässerung Dresden

Schärfere Gesetze auf EU-Ebene sehen Einführung einer vierten Reinigungsstufe vor

Der ober- und unterirdische Bau des Industriesammlers Nord läuft unvermindert weiter.
Der ober- und unterirdische Bau des Industriesammlers Nord läuft unvermindert weiter.  © Holm Helis

Doch auch in der Behandlungsanlage selbst kommt es zu großflächigen Erweiterungen. Zwei zusätzliche Belebungsbecken sollen für 13 Millionen Euro bis 2028 entstehen, dazu kommt der Bau zweier neuer Nachklärbecken bis 2029 (34 Millionen Euro).

Die Maßnahmen haben zum Ziel, die Reinigungsleistung des Kaditzer Werks von derzeit 123.500 Kubikmetern/Tag auf künftig knapp 200.000 Kubikmeter zu steigern.

Schärfere Gesetze auf EU-Ebene sehen unter anderem die Einführung einer vierten Reinigungsstufe vor. Die soll gezielter Mikroschadstoffe von Kosmetik und Pharmazeutika (etwa Diclofenac, Ibuprofen) aus dem Wasser filtern. Kosten für diesen zusätzlichen Reinigungsschritt: mindestens 25 Millionen Euro.

Spatenstich im "Silicon Saxony": Wie Dresdens modernste Chipfabrik neue Mitarbeiter rekrutieren will
Dresden Wirtschaft Spatenstich im "Silicon Saxony": Wie Dresdens modernste Chipfabrik neue Mitarbeiter rekrutieren will

Die Investitionen sollen über mehrere Jahrzehnte refinanziert werden. Technik-Chef Strothteicher geht bislang davon aus, dass der steigende Industrieanteil am Abwasser-Volumen die Gebühren stabilisieren wird.

Faultürme liefern wieder Strom

Wünschen sich ein drittes "Ei" für Dresden (v.r.): SEDD-Geschäftsführer Ralf Strothteicher (61), Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (59, Grüne), und Projektleiterin Kirsten Bollrich (61) haben die Mammut-Investitionen im Blick.
Wünschen sich ein drittes "Ei" für Dresden (v.r.): SEDD-Geschäftsführer Ralf Strothteicher (61), Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (59, Grüne), und Projektleiterin Kirsten Bollrich (61) haben die Mammut-Investitionen im Blick.  © Holm Helis

Eier, wir brauchen Eier! Das denkt nicht nur Torwart-Legende Oliver Kahn (55) nach einem misslungenen Bayern-Spiel, sondern auch die Belegschaft der Stadtentwässerung mit Blick auf ihre beiden weithin sichtbaren Faultürme.

Nicht ohne Grund: Durch Verbrennung und Verstromung des darin gesammelten Methangases werden 87 Prozent des Energiebedarfs der Kläranlage Kaditz gedeckt. Doch wegen einer Betriebsstörung im Frühling mussten die beiden eierförmigen Gebäude ihren Dienst einstellen.

Seit der zweiten Juniwoche sind sie wieder in Betrieb, bestätigte Unternehmenssprecher Torsten Fiedler (58). Am Fuße der ovalen Riesen erklärte er schmunzelnd gegenüber TAG24: "Die Türme haben quasi eine Darmspülung bekommen, wurden mit Grundwasser gereinigt und dann nach und nach wieder mit Klärschlamm aufgefüllt."

In der Zwischenzeit griff das Klärwerk Kaditz auf die Hilfe der Kollegen von SachsenEnergie zurück, bezog von dort Wärme und Strom.

Der anfallende Schlamm, welcher normalerweise in die Faultürme wandert, musste aufwendig mit Lkws in eine Verbrennungsanlage transportiert werden. Die Kosten des Ausfalls des Eier-Duos, welches bis 2030 für 17 Millionen Euro Zuwachs bekommen soll, belaufen sich auf rund 600.000 Euro.

Titelfoto: Bildmontage: Stadtentwässerung Dresden, Holm Helis (2)

Mehr zum Thema Dresden Wirtschaft: