Mit Kinderrechte-Parcours, Party und Premiere: Das tjg. feiert 75. Geburtstag
Dresden - Was für ein Gewusel im Foyer des Kraftwerk Mitte am Samstag: Das Theater Junge Generation (tjg.) hat seinen 75. Geburtstag gefeiert, und den 35. der Kinderrechte gleich mit - da war vielleicht was los!
Gekrönt wurde die Party mit der Premiere der fulminanten Theatershow "Der Hase in der Vase" von Marc Becker, mit der das tjg. nicht nur sich selbst feierte, sondern auch die fantasievolle Kraft des Theaters an sich. Es war wirklich toll.
Zahlreiche Spiel-Elemente gab es: Schmink- und Kostüm-Ecken, eine Karaoke-Station, man konnte mit ferngesteuerten Mini-Autos Rennen fahren oder Kissen um die Wette werfen, angefeuert vom Queen-Hit "Don't Stop Me Now".
Alles Teil einer interaktiven Performance, in der Kinder über die UN-Kinderrechtskonvention spielerisch informierten. Die Forderungen aufs Recht darauf, ernst genommen, nicht ausgelacht und gehört zu werden (und vieles mehr) - sie machen auch den Kern und die DNA des tjg. aus.
1949 in einem Provisorium gegründet, ist es heute das größte Kinder- und Jugendtheater der Bundesrepublik, seit 2008 von Intendantin Felicitas Loewe (65) geleitet.
OB Dirk Hilbert lobt tjg.
Sie nennt das tjg. ein "kulturelles Grundnahrungsmittel", gerade in Zeiten, in denen über den Wert von Kultur diskutiert werde und gleichzeitig Kinder laut neuer Shell-Studie Angst vor Krieg und der Zukunft hätten.
Dagegen müsse man laut sein mit dem gesellschaftlichen Beitrag des Hauses. Loewe: "Das tjg. ist ja kein Kindergarten für die Abo-Kunden von morgen."
OB Dirk Hilbert (53, FDP) bestätigt: "Das tjg. ist ein Ort der Begegnung, des Lachens und Träumens. Hier wird das richtige Leben geprobt." Es sei ein Raum, in dem Kinder ihre Sorgen, aber auch Hoffnungen ausdrücken könnten, in dem Fähigkeiten wie Empathie und Fairness gefördert würden.
"Die Biografien jedes in Dresden aufgewachsenen Menschen sind mit dem tjg. verbunden", so Hilbert. Er selbst habe seine ersten Theatererfahrungen dort erlebt und appelliere an die Stadträte, dem Haus auch künftig die Ressourcen zu ermöglichen, damit es ein Ort bleibe, "in dem Fantasie ausgelebt werden kann".
Der Hase in der Vase sorgt für Lacher
Ein dickes Ausrufezeichen dahinter setzt "Der Hase in der Vase", die finale Inszenierung von Felicitas Loewe, die zum Spielzeitende aus dem Amt scheidet. Es ist ein Stück, das gar nicht stattfindet, und doch etliche Theaterillusionen aufbietet, die junge Gäste verzaubern dürften.
Ein Feuerwehrmann (mit herrlich trockenem Witz: Gregor Wolf) verkündet, dass das Stück wohl ausfallen muss. Er wisse auch nicht, warum. Ein Mann (Simon Latzer als vortrefflicher Körper-Komiker) und eine herabschwebende Frau (Johanna Schönwald als patente Göre) haben ebenfalls keine Ahnung.
Trotz fehlender Handlung passiert viel: Unter Aktentaschen eröffnen sich metertiefe Schächte, aus einer anderen braust ein Sturm. Mit Rauch, Funkenregen, Lichtwechseln und viel Slapstick (teilweise in Zeitlupe) bringt der gut 55-minütige Spaß Kinder ab 8 Jahren zum Lachen, lässt aber auch Erwachsene nicht zurück; sie können in dem absurden Treiben Ionesco oder Beckett erkennen, surrealistische Filme des frühen Polanski oder des späten Buñuel. Und der Hase hat auch seinen Auftritt.
Nach der gefeierten Premiere wurde die neueste Ausgabe der Dresdner Hefte präsentiert, die dem tjg. ihre aktuelle Ausgabe widmet. Herzlichen Glückwunsch!
Titelfoto: Bildmontage: Klaus Gigga, Stefan Haessler