Dresden: Reichsbürger ziehen mit selbst gestalteten Fahnen durch die Stadt
Dresden - Nicht nur Touristen rieben sich ab Mittag verwundert die Augen: Ab 12 Uhr zogen rund 600 Reichsbürger durch die Dresdner Innenstadt. Am Nachmittag schlossen sich viele davon der Demo des ehemaligen Dresdner Querdenken-Kopfs Marcus Fuchs (40) an. Dagegen gab es auch Protest.
Es war ein skurriler Auflauf, der da am Neumarkt zusammenfand.
Nachdem die rund 600 Reichsbürger mit schwarz-weiß-roten Fahnen eine Runde durch die Innenstadt gelaufen waren, präsentierten sich die herbeiphantasierten Bundesstaaten vor der Frauenkirche.
Eine Rednerin hielt zum Land einen Vortrag, dann traten die sich zugehörigen auf den Platz.
Waren für das "Herzogtum Sachsen-Meinigen" rund um den ehemaligen CDU-Stadtrat Stephan D. (47) fünf Aktivisten vor Ort, kamen für das "Königreich Sachsen" wiederum dutzende.
Das Prozedere zog sich über Stunden, Passanten schüttelten die Köpfe und sprachen von "Wahnsinnigen".
An der Versammlung selbst nahmen allerdings auch Rechtsextremisten der "Freien Sachsen" sowie Thomas Walde, Kopf der "Freunde von Pegida" aus Zittau teil.
Am Rande traf der Demozug immer wieder auf Protest, es blieb allerdings alles friedlich. Auch die Strecke des Aufzugs, der eigentlich direkt an der Synagoge vorbeiziehen sollte, wurde nochmal geändert. Stattdessen ging es über die Steingasse. Ein Redner (59) muss sich wegen seiner Rede wegen des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen verantworten.
Gegen 14 Uhr eröffnete Marcus Fuchs auf dem Theaterplatz seine Demo vor anfangs rund 700 Teilnehmern.
Vom Bündnis "Herz statt Hetze" hatten sich rund 600 Gegendemonstranten ebenfalls auf dem Theaterplatz eingefunden. Dort sprach unter anderem Sachsen SPD-Vize-Vorsitzende Sophie Koch (30).
Auf der Gegenseite wiederum sprach Verschwörungsideologe Kayvan Soufi-Siavash (57), besser bekannt als "Ken Jebsen" als Überraschungsgast. Allerdings redete er fast eine halbe Stunde am Stück.
Kurz bevor sich die Demo in Bewegung setzte, rief auf der Bühne Paul Brandenburg (45), ein Star der "Querdenken"-Szene zur Revolution auf.
An der Wilsdruffer Straße wurde es turbulent
Der Zug führte anschließend über den Neumarkt auf die Wilsdruffer Straße.
Hier wurde es kurz turbulent, da die Polizei einen Teilnehmerin (48) zur Personalienaufnahme herausgezogen hatte: "Sie trug eine Deutschlandfahne verkehrt herum", sagte ein Polizeisprecher.
"Wir prüfen, ob eine Straftat vorliegt."
Während der Maßnahme blieb ein Teil der Demo stehen, zog allerdings kurz darauf weiter und hatte den Rest dann in der Wallstraße eingeholt.
Nochmal turbulent ging es vor der Synagoge zu: Gegendemonstranten versuchten dort die Straße zu blockieren.
Die Polizei zerrte die Aktivisten von der Straße, setzte auch Pfefferspray ein. Eine zweite Blockade am anderen Ende der Brücke wurde als Spontanversammlung anerkannt, die Demonstration mit nun 2100 Teilnehmern an dieser vorbeigeleitet.
Reichsbürger-Demo von Dresden endet am Theaterplatz
Wieder zurück auf dem Theaterplatz sprach erst der Thüringer Rechtsextremist Christian Klar, anschließend der Ex-Anwalt Frank Hannig (53).
Letzterer wunderte sich darüber als "rechts" bezeichnet zu werden und forderte Prozesse gegen Politiker. Gegen Hannig selbst hat die Dresdner Staatsanwaltschaft Anklage wegen Betrugs erhoben.
Gegen 18.10 Uhr war der Spuk vorbei.
Die Polizei prüft bei der Demonstration jetzt, ob das Fronttransparent sowie mehrere Plakate eine Straftat darstellen:
Sie zeigten Politiker in Sträflingskleidung, auf dem Frontbanner wurden sie als "Schuldig an Volks- und Vaterlandsverrat" bezeichnet.
Bei der Gegendemo ermittelt die Polizei gegen einen Teilnehmer (29) wegen des Verdachts der Aufforderung zu Straftaten, gegen 13 weitere, weil diese sich vermummt haben sollen.
Titelfoto: Montage: Roland Halkasch, xcitepress/benedict bartsch