Dresden bekommt einen neuen OB: Was wurde eigentlich aus den letzten vier Rathaus-Chefs?
Dresden - Zur heutigen OB-Wahl in Dresden blicken wir auf die Vorgänger im Amt zurück. Dabei wird klar: Ein bequemer Platz war der Chefsessel in der sächsischen Landeshauptstadt noch nie.
Gut 430.000 Wahlberechtigte sind am heutigen Sonntag aufgerufen, in einer Stichwahl den nächsten Oberbürgermeister von Dresden zu bestimmen. Auf dem Zettel stehen neben Amtsinhaber Dirk Hilbert (50, Unabhängige Bürger für Dresden e. V.) noch Eva Jähnigen (56, Grüne), Dr. Maximilian Krah (45, AfD), Jan Pönisch (Die PARTEI) und der Einzelbewerber Marcus Fuchs (37).
Sie alle wollen Rathaus-Chef werden - ein Posten, den seit 1986 (neben Hilbert) erst vier Vorgänger innehatten. Kurios: Sie alle sind nach ihrem Ausscheiden recht schnell von der öffentlichen Bildfläche verschwunden und mischten sich kommunalpolitisch nicht mehr ein. Im Amt verschlissen?
Um diese vier geht es...
Helma Orosz (69): Amtszeit von 2008 bis 2015
Die gelernte Krippenerzieherin aus Görlitz wurde 1990 Sozialdezernentin im Landratsamt Weißwasser und ab 2001 ebendort Oberbürgermeisterin. Von 2003 bis 2008 War Helma Orosz Sozialministerin im Kabinett von Georg Milbradt. Für die CDU trat sie 2008 als OB-Kandidatin für Dresden an und gewann im zweiten Wahlgang klar.
In ihre Amtszeit fällt die Aberkennung des Welterbetitels für das Dresdner Elbtal, aber auch der Besuch von US-Präsident Barack Obama. Auszeiten wegen einer Erkrankung prägten ihre Zeit im Dresdner Rathaus ebenso wie die Kritik an ihrem Umgang mit Mitarbeitern. Helma Orosz zog sich nach Ausscheiden aus dem Amt ins Privatleben zurück.
Ingolf Roßberg (61): Amtszeit von 2001 bis 2008
Als gebürtiger Dresdner mischte Roßberg schon seit 1989 im Stadtparlament mit, erst für die LDPD, dann für die FDP. Sowohl in Radebeul als auch in Wuppertal bekleidete er Verwaltungsposten, ehe er von einer breiten Initiative als OB-Kandidat für Dresden unterstützt wurde.
In seine Amtszeit fällt die Fertigstellung der Frauenkirche, aber auch die Flut in Dresden, bei der ihm Ministerpräsident Georg Milbradt (in Gummistiefeln!) die Schau stahl. Apropos Flut: Unregelmäßigkeiten bei Abrechnungen seines Fluthilfe-Managers wurden Roßberg politisch zum Verhängnis.
Er verzichtete daraufhin auf eine Kandidatur zur Wiederwahl. Stattdessen arbeitete er ab 2009 in seinem erlernten Beruf als Verkehrsingenieur für ein Hamburger Unternehmen. In Dresden engagierte er sich wiederholt für den Tafel e. V.
Herbert Wagner (73): Amtszeit von 1990 bis 2001
Der in Neustrelitz (Meck-Pomm) geborene Wagner kam als Student nach Dresden und machte dort seinen Abschluss als Diplomingenieur. Zur Politik kam er in den Wendewirren des Herbstes 1989.
Als Teil der "Gruppe der 20" handelte er mit der damaligen Obrigkeit einen friedlichen Umgang zwischen Staatsgewalt und Demonstranten aus. Wagner, inzwischen CDU-Mitglied, wurde 1990 erst von der Stadtverordnetenversammlung, 1994 dann von den Dresdner Bürgerinnen und Bürgern zum OB gewählt.
In seine Amtszeit fällt der radikale Umbruch nach der friedlichen Revolution mit all den Licht- (Neuaufbau) und Schattenseiten (z. B. hohe Arbeitslosigkeit). Kritikern galt Wagner als nicht entschlossen genug.
Nach seiner Wahl-Niederlage 2001 war Wagner Geschäftsführer der KDN Kommunale DatenNetz GmbH Dresden. Er engagiert sich in der Stiftung Sächsische Gedenkstätten.
Wolfgang Berghofer (79): Amtszeit von 1986 bis 1990
In den letzten Jahren der DDR galt SED-Mann Berghofer - ähnlich wie Bezirks-Chef Hans Modrow (heute 94), als Hoffnungsträger und vergleichsweise liberal. Eine gefälschte Kommunalwahl brachte allerdings beide nach der Wiedervereinigung vors Gericht.
Berghofer hat ein Mitverdienst daran, im Herbst 1989 das Gespräch mit den Demonstranten gesucht und so eine Eskalation der Lage vermieden zu haben.
Zur OB-Wahl 2001 trat er im zweiten Wahlgang an und holte immerhin 12,2 Prozent der Stimmen. Der gebürtige Bautzner lebt seit Jahren in Berlin.
Titelfoto: Thomas Türpe