Der Vogt von Nickern: Dresdner Bauleiter kämpft für den Erhalt seines Schlosses

Nickern - Das Dresdner Residenzschloss oder die Elbschlösser Albrechtsberg und Schloss Eckberg kennt wohl jeder. Doch in und um Dresden gibt es weit über hundert weitere Herrscherhäuser, umrankt von zahllosen Geschichten und Legenden! TAG24 hat sich für eine neue Serie auf die Spur dieser weitgehend geheimnisvollen und fast vergessenen Seite von Dresden gemacht. Diesmal geht's um das Schloss von Nickern!

Trotz des Stresses ist es für Schlossherr André Vogt (52) Herzenssache, das Schloss wieder herzurichten.
Trotz des Stresses ist es für Schlossherr André Vogt (52) Herzenssache, das Schloss wieder herzurichten.  © Thomas Türpe

Beim Wort Nickern fallen einem wohl als Erstes Plattenbauten und ein großes Einkaufszentrum ein. Doch im alten Ortskern erhebt sich ein kleines, schmuckes Schloss, dessen Wurzeln bis ins Mittelalter zurückreichen.

Der Herr dieses Anwesens ist André Vogt (52). Immer donnerstags (18 bis 20 Uhr) öffnet der Schlossherr die Pforten für Interessierte. Geduldig beantwortet er dann auch persönlich die Fragen der Besucher.

2004 hatte der Dresdner das Schloss gekauft. "Ich bin gescheitert", sagt Vogt, ohne lange nachzudenken. Seine Begründung: "Ich bin damit nicht glücklich geworden."

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Zwischendurch hat er sogar versucht, das Anwesen wieder zu verkaufen, erzählt der Schlossherr, der unter der Woche als angestellter Bauleiter arbeitet und in seiner freien Zeit Fenster restauriert, die Vermietung der Räumlichkeiten für Hochzeiten und Geburtstage organisiert und denkmalgerechte Sanierung beaufsichtigt. Es ist ein Rund-um-die-Uhr-Job.

Mittlerweile wohnt Vogt auf seinem Anwesen, zusammen mit seiner Katze Osama (16).

Schloss Nickern ist seit 2004 in Privatbesitz.
Schloss Nickern ist seit 2004 in Privatbesitz.  © Thomas Türpe

Restaurierung des Nickerner Schlosses kostet 400.000 Euro

Schlossherr André Vogt (52) zeigt die aktuell laufenden Bauarbeiten.
Schlossherr André Vogt (52) zeigt die aktuell laufenden Bauarbeiten.  © Thomas Türpe

Gerade wird der Südflügel saniert. Das ist allerdings nur möglich, weil das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen auf Nachweis bis zu 60 Prozent ausgewählter Arbeiten erstattet.

Bei dem derzeitigen 400.000-Euro-Projekt sind das im Idealfall bis zu 160.000 Euro. "Ohne diesen Zuschuss wäre eine denkmalgeschützte Restaurierung des Dachstuhls im Hängetragwerk gar nicht möglich", sagt Vogt.

Und irgendwie brennt der 52-Jährige doch für sein Projekt, wenn er die Fortschritte der Dachstuhlarbeiten zeigt und erklärt, wie eine alte Stuckdecke gerettet werden soll.

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"Ich bin Ur-Dresdner, es ist Herzenssache, das Schloss wieder herzustellen", sagt er schließlich.

Das alte Wappen prangt über der Tür.
Das alte Wappen prangt über der Tür.  © Thomas Türpe

Das Schloss gehörte zwischenzeitlich sogar der Luftwaffe

Richard Funke (87) sammelt alles zum Schloss in der Heimatstube.
Richard Funke (87) sammelt alles zum Schloss in der Heimatstube.  © Thomas Türpe

Auch für den Nickerner Richard Funke (87) ist das Schloss eine Herzensangelegenheit. In der "Heimatstube" des Schlosses sammelt und archiviert er alles über die Geschichte des Anwesens. 23 Ordner hat er schon gefüllt.

Er freut sich über jeden, der Dokumente bringt, die seine Schloss-Chronik vervollständigen. "Der Luftwaffe gehörte das Schloss ab 1936. Der Notar, der den Verkauf beurkundete, nahm alle Dokumente mit. Er kam bei der Bombardierung auf Dresden ums Leben. Die Unterlagen sind vermutlich verbrannt", so Funke.

Trotz des Verlustes hat er viele kleine Details über das Schloss gesammelt. Beispielsweise war eine Angora-Kaninchenzucht zu Luftwaffenzeiten im Schloss untergebracht, die Fell für Uniform-Pelzkragen lieferte.

Die Luftwaffe errichtete damals einen Kasernenkomplex, der 1945 von der Roten Armee besetzt und bis 1992 durch Panzertruppen genutzt wurde.

So sah Schloss Nickern Mitte des 19. Jahrhunderts aus.
So sah Schloss Nickern Mitte des 19. Jahrhunderts aus.  © SLUB/Deutsche Fotothek

In den 1980ern wurde das Schloss zum Klub- und Kulturhaus

Donnerstags öffnet der Schlossherr an Abend seine Pforten.
Donnerstags öffnet der Schlossherr an Abend seine Pforten.  © Thomas Türpe

Das Nickerner Schloss geht ursprünglich auf die Anlage einer Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert zurück. Sie befand sich im Besitz der Ritter von Karas.

Als Georg von Alnpeck (1462-1523), der damals auch Bürgermeister von Freiberg war, 1511 das Anwesen erwarb, ließ er es zum Renaissanceschloss umgestalten.

Nachdem es Ende des 17. Jahrhunderts zum Wohnschloss mit barocken Stilelementen umgebaut worden war, bekam das Schloss erst 1870 seinen Glockenturm. 1945 wurde das gesamte Gut enteignet und diente fortan Wohnzwecken.

In den 80er Jahren wurde es zum Klub- und Kulturhaus umgestaltet, das bis zum Jahr 2000 von einer Interessengemeinschaft Schloss Nickern betrieben wurde.

Zum Tag des Offenen Denkmals (12. September) ist das Schloss von 14 bis 17.30 Uhr geöffnet.

Titelfoto: Thomas Türpe

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