Sprayer-Szene wird immer radikaler: Graffiti-Künstler am Friedhof angegriffen
Dresden - Eigentlich sollte Graffiti-Künstler Jens Besser (38) nur in Abstimmung mit Stadt und dem Inneren Neustädter Friedhof eine Außenmauer künstlerisch gestalten. Doch der Künstler wurde bei der Arbeit von maskierten Angreifern überfallen. Hintergrund ist ein Konflikt in einer radikaler werdenden Szene.
"Der Angriff galt mir. Neun vermummte Chaoten kamen angerannt, riefen 'Besser, verpiss dich', versuchten mich von der Leiter zu schubsen und warfen Eimer nach mir", erinnert sich der Künstler, der unverletzt blieb, Anzeige erstattete und sein Kunstwerk fertigstellte.
Im Auftrag der Stadt gestaltete Besser das Graffito "Tanz der Lebenden" an einer extrem umstrittenen Friedhofsmauer. Jahrelang zierte die Wand der 1534 von Christoph Walther geschaffene "Dresdner Totentanz".
Wegen starker Witterungsschäden wurde das Relief 1975 abgenommen, später aufwendig restauriert, kann es in der Dreikönigskirche bewundert werden.
Die Wand selber wurde seither illegal bemalt. Stadt und Friedhof wollten das mit einem Graffiti-Kunstwerk unterbinden.
"Es ging um den Konflikt, wie sich die Neustadt entwickeln soll"
Die illegale Sprayer-Szene wehrte sich ungewöhnlich heftig. "Es ging um mehr als die Wand. Es ging um den Konflikt, wie sich die Neustadt entwickeln soll. Es ging darum, ob Wände beschmiert bleiben sollen, damit die Mieten nicht noch weiter steigen", so Jens Besser, der versuchte sowohl Sprayer als auch Anwohner einzubeziehen.
"Einige wenige illegale Sprayer beschädigten das Kunstwerk von Beginn an. Es kann nicht hoch genug geschätzt werden, dass Herr Besser sich nicht entmutigen ließ und mit seiner Arbeit ein deutliches Zeichen gegen Gewalt und Intoleranz setzte", bestätigte das Rathaus.
Der Vorfall hat laut Besser eine Diskussion in der Szene losgetreten. "Illegal Wände zu bemalen, ist das eine. Menschen verletzen zu wollen, geht zu weit."
Titelfoto: Sven Eller/Thomas Türpe