Prozess nach illegalem Autorennen: Mutter sieht erstmals Raser, der ihren Sohn (6) getötet hat
Dresden - Hochemotional begann am Mittwoch der Prozess um den tragischen Tod des kleinen Ali (6).
Laut Anklage lieferten sich Mohammad F. (32) und Mohamed A. (24) im August 2020 ein illegales Autorennen an der Budapester Straße im Mercedes und im BMW. Der Benz erfasste das Kind, das keine Chance hatte. Zum Prozessauftakt trotzte die Mutter des Jungen, Nisrin A. (29), dem Hauptbeschuldigten eine Entschuldigung ab.
"Ali war ein kleiner Junge, der jetzt zur Schule gehen müsste", sagte Mutter Nisrin mit tränenerstickter Stimme.
Andere Kinder hätten damals geklingelt und Ali an jenem Abend abgeholt. Die Mutter, die sich gerade von einem Kaiserschnitt erholte, wollte das zwar nicht, der Papa wollte mitgehen, aber Ali lief ungeduldig voraus. Und mit den Freunden zu Lidl, um Süßigkeiten zu kaufen.
"Er war dort noch nie allein", so die Mutter weinend. Aus gutem Grund: der Supermarkt ist auf der anderen Seite der viel befahrenen Straße.
Omar A.: "Er hat mir in die Augen geschaut"
Und genau an deren Ende begannen laut Anklage der Benz und der BMW ein Rennen Richtung Innenstadt. Schon am Autohandel oberhalb der Stecke hatten die Wagen laut Gutachten über 90 km/h.
Wenig später überholten die Autos rechts einen Nissan. Im Anschluss, so die Anklage, zog der BMW nach links, versuchte, den Benz zu überholen. Die Boliden rasten Richtung Bus-Haltestelle, wo die Kinder die Straße überquerten.
"Ein Kind hat es geschafft. Aber der kleine Junge stand plötzlich vor uns", so Omar A. (25), Beifahrer des Benz unter Tränen. "Er hat mir in die Augen geschaut. Das werde ich mein Leben nicht vergessen."
Einen Wimpernschlag später erfasste der Benz das Kind. Dessen Körper wurde mehr als zwanzig Meter weit geschleudert, durchschlug die Haltestelle.
Benz-Fahrer Mohammad F. grinst bei Prozess
Weinend erklärte Omar: "Ich wollte die Polizei rufen. Aber ich konnte nicht. Ich konnte gar nichts. Ich zitterte, hatte sogar meinen Namen vergessen." Bei seinen Worten brach Nisrin A. erneut in Tränen aus, rang um Fassung.
Doch ein mögliches Autorennen stritt Omar ab. Zwar hatten die Freunde zum Essen in die Neustadt gewollt. "Aber der BMW war immer hinter uns", beteuerte er. Und Achmad A. (25), dem der BMW gehörte, der aber Beifahrer war, erklärte: "Ich erinner mich nicht, ob wir andere Autos überholt haben."
Die beiden, bisher nicht vorbestraften Angeklagten schwiegen zu den Vorwürfen, die der Oberstaatsanwalt mit seiner Anklage vorlas. Und doch rang Mutter Nisrin dem Benz-Fahrer Mohammad F. eine Erklärung ab.
Sie saß ihm im Prozess als Nebenklägerin gegenüber und bei ihren Ausführungen grinste der Syrer plötzlich: "Warum lachen Sie? Haben Sie gar kein schlechtes Gewissen?", fuhr die verzweifelte Mutter ihn an.
Kleinlaut beteuerte der Paketfahrer, dass er nicht gelacht habe und fügte leise hinzu: "Ich entschuldige mich, dass sie ihr Kind verloren haben."
Der Prozess wird fortgesetzt. Bis zum Urteil, Mitte März, werden noch weitere Zeugen gehört. Außerdem soll ein Gutachter seine Expertise vorlegen.
Titelfoto: Holm Helis/privat