Als die Russen einmarschierten: Conrad Richter (84) erinnert sich an das Kriegsende in Dresden

Dresden - Heute vor 75 Jahren war auch in Dresden der Krieg aus: Am 8. Mai 1945 marschierte die Rote Armee über das Blaue Wunder in die Stadt ein. Es war der Tag, an dem die Wehrmacht kapituliert hatte.

Über das Blaue Wunder marschierte die Rote Armee in Dresden ein.
Über das Blaue Wunder marschierte die Rote Armee in Dresden ein.  © SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Christian Borchert

Das Zentrum lag in Schutt und Asche. Drei Wochen zuvor waren die letzten Bomben auf die Stadt gefallen. Einer, der sich noch gut an diese Zeit erinnert, ist Conrad Richter (84). Er war damals neun Jahre alt.

Deutsche Truppen hatten am Vortag die Augustus-, die Albert- und die Carolabrücke gesprengt, um die anrückenden Russen zu stoppen.

Das Blaue Wunder (erbaut 1893) stand noch, weil mutige Menschen die von den Nazis verlegten Sprengkabel durchgeschnitten hatten. "Ich war an diesem Tag zu Hause", sagt Richter, der das Kriegsende in Leubnitz erlebte.

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Den ersten russischen Panzer sieht er am Nachmittag dort. "Er kam, drehte, riss dabei den Straßenbelag auf und fuhr davon."

Erster Stadtkommandant wird Oberst Gorochow. Die Russen beschlagnahmen dafür die Pestalozzischule am Riesaer Platz.

Als ersten Bürgermeister benennt der Oberst am 10. Mai den Sozialdemokraten Rudolf Friedrichs (1892-1947). Die russischen Soldaten waren gefürchtet. Nicht nur wegen Plünderungen.

Betrunkener Soldat erschoss eine Frau, die ihre Schwestern schützen wollte

Dresden blieb Drehscheibe für die Flüchtlingsströme aus dem Osten.
Dresden blieb Drehscheibe für die Flüchtlingsströme aus dem Osten.  © SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Christian Borchert

"Ich erinnere mich noch daran, dass die Frauen aus dem Fenster in den Garten sprangen, wenn sie auftauchten", sagt Richter.

Keine drei Kilometer von der Wohnung seiner Familie entfernt - in Goppeln - erschoss am Tag des Einmarsches ein betrunkener russischer Soldat Mutter Augustina (1887-1945), die Leiterin des Ordens der Nazarethschwestern. Sie hatte ihre Schwestern schützen wollen.

Schutz suchen in der Nachkriegszeit in Dresden auch Vertriebene aus dem Osten und Zwangsarbeiter, die auf dem Heimweg aus dem Westen sind. Die Stadt hat Ende August 1945 sieben Auffanglager.

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"Bei uns kamen zweimal Verwandte aus Niederschlesien unter", sagt Richter. In seiner Familie war es selbstverständlich, dass man zusammenrückte.

Die Richters waren nicht ausgebombt worden. In der Innenstadt hingegen waren bis zum Beginn der Großflächenenttrümmerung (ab 1946 fuhr die erste Trümmerbahn) ganze Straßenzüge wegen Einsturzgefahr gesperrt.

Conrad Richter (84) erinnert sich noch an das Kriegsende in seiner Heimatstadt.
Conrad Richter (84) erinnert sich noch an das Kriegsende in seiner Heimatstadt.  © Norbert Neumann
Conrad Richter war damals ein kleiner Junge.
Conrad Richter war damals ein kleiner Junge.  © privat

Ab Spätherbst 1945 durfte Conrad Richter wieder zur Schule gehen

Den kleinen Conrad berührte das nicht: Er durfte ab Spätherbst endlich wieder in die Schule, unterrichtet von Neulehrern, "die etwa zwei Stunden weiter im Stoff waren".

Der folgende Winter war von Hunger und Kälte geprägt. "Aber als Kind bekommt man manches einfach nicht so mit."

Titelfoto: SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Christian Borchert & Norbert Neumann

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