Stadt Chemnitz jagt Corona-Sünder mit Video-Überwachung!

Chemnitz - Dutzende High-Tech-Kameras rund um die "Zenti" helfen Stadt Chemnitz, Polizei, C 3 und CVAG bei der Strafverfolgung und sollen Chemnitzern ein sicheres Gefühl beim Stadtbummel geben. Was bislang kaum jemand weiß: Mit der Technik spürt das Ordnungsamt auch Corona-Sünder auf.

Etliche Überwachungskameras in der Chemnitzer Innenstadt helfen dem Ordnungsamt auf der Suche nach Corona-Sündern.
Etliche Überwachungskameras in der Chemnitzer Innenstadt helfen dem Ordnungsamt auf der Suche nach Corona-Sündern.  © Ralph Kunz

In einem Infopapier zum Stadtordnungsdienst (SOD) erklärt Ordnungsbürgermeister Miko Runkel (60, parteilos) zum Punkt "Videoüberwachung in der Innenstadt": "Hauptsächlich wurde 2020 eine präventive Beobachtung von Verstößen gegen die Sächsischen Corona-Schutz-Verordnungen durchgeführt."

Heißt: Wer ohne Maske oder in Gruppen von einer der 31 Kameras erfasst wird, könnte Probleme bekommen.

Der SOD hat Zugriff auf die Live-Bilder. "So kann das Personal zunächst an anderen Stellen Kontrollen vornehmen und ist nicht im videoüberwachten Bereich gebunden. Bei per Video festgestellten Gruppen wurden die Vollzugsbediensteten in den jeweiligen Bereich geschickt, und bei Verdacht auf ordnungswidriges Verhalten wurde mehrfach kontrolliert", erklärt eine Stadtsprecherin.

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Eine statistische Auswertung der Corona-Zugriffe sei bei 3000 Einträgen unverhältnismäßig.

Ordnungsbürgermeister Miko Runkel (60, parteilos) bestätigt, dass die Überwachungskameras in der Chemnitzer Innenstadt auch zum Aufspüren von Corona-Sündern genutzt werden.
Ordnungsbürgermeister Miko Runkel (60, parteilos) bestätigt, dass die Überwachungskameras in der Chemnitzer Innenstadt auch zum Aufspüren von Corona-Sündern genutzt werden.  © Kristin Schmidt
Hochauflösende Kameras haben das Geschehen in der Innenstadt im Blick.
Hochauflösende Kameras haben das Geschehen in der Innenstadt im Blick.  © Ralph Kunz

CDU-Stadtrat Specht: "Es werden keine einzelnen Gesichter nachverfolgt"

CDU-Stadtrat und Polizist Michael Specht (35) versicherte, dass keine einzelnen Gesichter wegen Corona-Verstößen verfolgt werden.
CDU-Stadtrat und Polizist Michael Specht (35) versicherte, dass keine einzelnen Gesichter wegen Corona-Verstößen verfolgt werden.  © Kristin Schmidt

"Man muss hervorheben, dass nicht einzelne Gesichter nachverfolgt werden. Es geht hier um massive Verstöße wie größere Gruppenansammlungen", sagt CDU-Stadtrat und Polizist Michael Specht (35).

IT-Experte Toni Rotter (33) von der Grünen-Fraktion sieht das anders: "Es ist nicht gut, dass die Überwachung für Ordnungswidrigkeiten eingesetzt wird. Persönliche Ansprachen halte ich für sinnvoller."

Auch Nico Köhler (44, AfD) hält das für überzogen: "Ich vermisse das Augenmaß. Damit schikaniert man Bürger. Die Videoüberwachung ist für Drogendelikte und Straftaten da."

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Nach zehn Tagen werden die Daten automatisch gelöscht. Außer es liegt innerhalb dieser Frist eine Anzeige vor.

Bei Demos oder Versammlungen werden "die betreffenden Videokameras" übrigens ausgeschaltet.

Toni Rotter (33) von der Grünen-Fraktion hält das Aufspüren von Corona-Sündern per Videokamera für unverhältnismäßig.
Toni Rotter (33) von der Grünen-Fraktion hält das Aufspüren von Corona-Sündern per Videokamera für unverhältnismäßig.  © Kristin Schmidt
Auch AfD-Stadtrat Nico Köhler (44) hält die Überwachungsaktion für überzogen.
Auch AfD-Stadtrat Nico Köhler (44) hält die Überwachungsaktion für überzogen.  © Kristin Schmidt

Wir haben nachgefragt: Findet Ihr Kameras gegen Corona-Sünder angemessen?

Jutta Oehme (80, Rentnerin): "Ich finde, dass man die Kameras hauptsächlich einsetzen sollte, um Randalierer oder Rowdys ausfindig zu machen. Von mir aus kann man sie auch zum Zweck des Infektionsschutzes einsetzen. Das ist ja nur vorübergehend."

Jutta Oehme (80) aus Chemnitz findet die Überwachungsaktion vorübergehend okay.
Jutta Oehme (80) aus Chemnitz findet die Überwachungsaktion vorübergehend okay.  © Ralph Kunz

Steffen Maihöfer (24, Angestellter): "Puh, das ist natürlich Abwägungssache. Der Infektionsschutz ist gerade jetzt sehr wichtig. Trotzdem werden sensible Daten erfasst. Ich denke, man muss aufpassen, dass Videoüberwachung dadurch nicht immer weiter legitimiert wird und Toleranzgrenzen mehr und mehr überschritten werden."

Steffen Maihöfer (24) sieht die Videoüberwachung aus Datenschutzgründen kritisch.
Steffen Maihöfer (24) sieht die Videoüberwachung aus Datenschutzgründen kritisch.  © Ralph Kunz

Guillermo Aguareles (53, Lehrer): "Natürlich können sie bei schweren Verbrechen oder Unfällen nützlich sein. Ich denke jedoch, dass die Verwendung in keiner Weise gerechtfertigt ist, um zu kontrollieren, ob die Bevölkerung den Anti-Covid-Maßnahmen folgt. Viel wichtiger ist, die Behörden darüber zu informieren."

Guillermo Aguareles (53) sieht die Überwachung von Corona-Maßnahmen mittels Kameras ebenfalls kritisch.
Guillermo Aguareles (53) sieht die Überwachung von Corona-Maßnahmen mittels Kameras ebenfalls kritisch.  © Ralph Kunz

Kathrin Bachmann (75, Rentnerin): "Ich finde das in Ordnung. Die Kameras wären ja so oder so aktiv, um Straftaten oder ähnliches zu erkennen."

Kathrin Bachmann (75) spricht sich für die Videoüberwachungs-Aktion aus.
Kathrin Bachmann (75) spricht sich für die Videoüberwachungs-Aktion aus.  © Ralph Kunz

"Ich persönlich habe nichts zu verbergen, halte mich an die Schutzverordnung", ergänzt die Rentnerin.

Titelfoto: Ralph Kunz, Kristin Schmidt

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