Erzgebirgs-Stadtrat spricht Klartext: "Chemnitzer Innenstadt ist zur No-go-Area geworden!"
Chemnitz - Die Sicherheit in der Chemnitzer Innenstadt ist nicht nur unter Chemnitzern ein Thema. Auch für Erzgebirgs-Stadtrat Tobias Andrä (41, Auer Liste der Unabhängigen) ist die City ein heißes Pflaster. Er wünscht sich unter anderem härtere Strafen für Gewalttäter.
Andrä, der bis 2015 für die SPD im Auer Stadtrat saß, studierte und arbeitete viele Jahre in Chemnitz. Früher, so sagt er, war er auch am Abend viel unterwegs gewesen.
"Das ist jetzt undenkbar. Die Innenstadt von Chemnitz ist eine No-go-Area geworden - insbesondere am Abend oder gar in den Nachtstunden", analysiert der 41-Jährige knallhart.
Der Erzgebirgs-Stadtrat fordert daher härtere Gesetze: "Eine Strafe muss spürbar sein und darf nicht mit einem süffisanten Lächeln und Achselzucken abgetan werden."
Besonders ärgert Andrä, dass Mitte Februar ein Algerier (27) in der Chemnitzer Innenstadt beinahe mit einem Messer auf einen 20-Jährigen einstach - nach den polizeilichen Maßnahmen aber wieder entlassen wurde.
"Welche Autorität strahlt denn ein Staat zum Beispiel gegenüber kriminellen Migranten aus, die wissen, dass das Strafmaß stets am unteren Ende angesetzt wird", ärgert sich Andrä.
Immerhin hat Ordnungsbürgermeister Knut Kunze (52, parteilos) das Innenstadt-Problem erkannt und bei der vergangenen Stadtratssitzung mehr Sicherheits-Maßnahmen für die Innenstadt versprochen. Künftig sollen mehr Polizeistreifen durch die City rollen - ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Linken-Stadtrat: Keine härteren Strafen, mehr Streetworker
Linken-Stadtrat Klaus Bartl (72) sieht das anders: "Es ist ein zigfach widerlegter Irrglaube, härtere Strafen brächten mehr Sicherheit."
Bartl verweist dabei auf die USA, die Anfang der 1970er-Jahre ihre Strafen erhöht hätten und die Gewaltkriminalität dennoch nicht abgenommen habe.
Zudem drohe den Tätern in Deutschland bereits eine empfindliche Strafe, so Bartl. Das Strafgesetz sieht vor, dass bei einer Attacke "mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs" der Täter mindestens für sechs Monate hinter Gitter muss.
Die Linken wollen Kriminalität daher nicht mit härteren Strafen, sondern unter anderem mit Streetworkern verhindern und damit an den Ursachen ansetzen.
Denn viele junge Menschen in der Problemzone "Am Wall" in Chemnitz hätten mit Perspektivlosigkeit zu kämpfen, auch eine fehlende Integration in die Gesellschaft sei ein Thema. Streetworker sollen daher auf die jungen Menschen zugehen und ihnen Hilfe anbieten.
Aue-Stadtrat Andrä nennt den Streetworker-Ansatz eine "gefährliche Naivität". Er sagt: "Die Lage ist prekär. Und das sollten endlich auch die begreifen, die immer noch in ihrem ideologischen 'Wolkenkuckucksheim' verweilen und ernsthaft glauben, notorische Kriminelle mit Streetworkern bekehren zu können."
Titelfoto: Haertelpress, Maik Börner