Ziehen die Chemnitzer Ämter ins Kaufhof-Gebäude? BSW sieht Pläne "wider jede Vernunft"

Chemnitz - Teile der Chemnitzer Stadtverwaltung ziehen wahrscheinlich ab 2027 ins Kaufhof-Gebäude am Markt.

Macht der Stadtrat heute den Weg für den Umzug der städtischen Ämter in die alte Galeria Kaufhof frei?
Macht der Stadtrat heute den Weg für den Umzug der städtischen Ämter in die alte Galeria Kaufhof frei?  © Uwe Meinhold

Der Stadtrat entscheidet am heutigen Mittwochabend hinter verschlossenen Türen darüber, wo Jugend-, Sozial- und Standesamt nach dem Auslaufen des Mietvertrages im Moritzhof ihre Büros haben sollen.

"Die Beratungen unterliegen aus Datenschutzgründen der Verschwiegenheitspflicht gemäß der Gemeindeordnung", begründet Stadtsprecher Matthias Nowak (55) die nicht öffentliche Befassung.

Nach TAG24-Informationen wird das Rathaus den Räten vier Varianten vorlegen, dabei hat sich die Stadt selbst bereits festgelegt. Die zweite bis vierte Etage der Galeria soll bis 2048 für die städtischen Ämter angemietet werden. Die Mietkosten dafür liegen in zweistelliger Millionenhöhe.

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Gebäude-Eigentümer ist der Berliner Möbelmilliardär Kurt Krieger (76), der heute den Stadträten auch Rede und Antwort stehen wird. "Wir werden uns vorher nicht äußern, um die sinnlose Diskussion nicht weiter anzuheizen", sagte dessen "rechte Hand" in Chemnitz, Andreas Uhlig (65).

Er kündigte aber für die nächsten Tage eine Pressekonferenz an.

Andreas Uhlig (65) ist Chef des Centermanagements der Krieger-Gruppe.
Andreas Uhlig (65) ist Chef des Centermanagements der Krieger-Gruppe.  © Maik Börner

Mitarbeiter beschweren sich über zunehmende Mängel im Gebäude

OB Sven Schulze (53, SPD) soll ursprünglich kein Interesse an einer Anmietung von Büroflächen in der alten Galeria gehabt haben.
OB Sven Schulze (53, SPD) soll ursprünglich kein Interesse an einer Anmietung von Büroflächen in der alten Galeria gehabt haben.  © Uwe Meinhold

Teile des Stadtrates signalisierten bereits im Vorfeld Zustimmung: "Eine Mischlösung für das Gebäude, bei der die unteren Etagen dem Einzelhandel und die oberen Etagen für Büroräume reserviert sind, halten wir für sinnvoll", so die Linken.

Joseph Israel (25, Grüne) formuliert es zurückhaltender: "Die Belebung der Innenstadt ist ein wichtiges Anliegen. Dabei sind Erhalt und Nutzung bestehender Gebäude dem Neubau zu bevorzugen, um bereits bestehende Objekte sinnvoll weiterzunutzen."

Das BSW kündigte unterdessen an, das Thema von der Tagesordnung nehmen zu wollen und bezeichnete die Pläne als "wider jede Vernunft". Schriftlich liege die Vorlage gerade mal 48 Stunden vor und seien nicht nachprüfbar.

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Preislich soll das Angebot der Krieger-Gruppe nach TAG24-Informationen "im Mittelfeld liegen". 20 Prozent günstiger käme die Stadt, wenn der Mietvertrag im Moritzhof nochmals verlängert würde. Der Eigentümer "AXA Colonia" hatte das niedrigste Angebot abgegeben. Der Unterschied soll 6,6 Millionen Euro betragen.

Das Gebäude gilt allerdings als energetisch mangelhaft. Außerdem gibt es Beschwerden von Mitarbeitern über zunehmende Mängel im Gebäude.

Warum die Eile?

Kommentar von Raik Bartnik

Kurt Krieger (76) ist Besitzer des alten Kaufhof-Gebäudes am Markt.
Kurt Krieger (76) ist Besitzer des alten Kaufhof-Gebäudes am Markt.  © Petra Hornig

Wenn politische Diskussionen nicht öffentlich geführt werden, heißt das nicht automatisch, dass jemand was zu verbergen hat. Der Datenschutz oder andere gesetzliche Vorgaben spielen meistens eine Rolle.

Bei der Entscheidung zum sehr wahrscheinlichen Umzug der Ämter in das Kaufhof-Gebäude kann man aber schon den Eindruck bekommen, die Eil-Befassung hinter verschlossenen Türen ist der Stadtverwaltung mehr als recht. Wenn die Öffentlichkeit die vollendeten Tatsachen erfährt, haben es die Stadträte so entschieden und sind verantwortlich.

Das Rathaus will drei Ämter im ehemaligen Kaufhof unterbringen und die Weichen dafür sehr schnell stellen. Warum die Eile? Investor Kurt Krieger hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er mit Blick auf seine mindestens 30 Millionen Euro teuren Umbaupläne bis Frühjahr 2025 eine Entscheidung möchte.

Er wolle mit der Sanierung erst dann anfangen, wenn für alle Etagen Interessenten da sind. Das Rathaus seinerseits hätte das Problem der fast leer stehenden Galeria von der Backe und deutlich mehr Menschen in der Innenstadt.

Im Chemnitzer Moritzhof läuft der Mietvertrag für drei städtische Ämter 2027 zunächst aus.
Im Chemnitzer Moritzhof läuft der Mietvertrag für drei städtische Ämter 2027 zunächst aus.  © Uwe Meinhold

Der Mietvertrag im Moritzhof läuft aber erst im Frühsommer 2027 aus. Laut Vergaberecht muss das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag bekommen. Die zumindest finanziell günstigste Variante scheint ein Verbleib dort zu sein, der Eigentümer hatte das niedrigste Angebot vorgelegt.

Eine Ablehnung mit Mietmängeln zu begründen, scheint mir eher vorgeschoben. Und nicht zu vergessen: In rund zehn Jahren läuft auch der Vertrag im Technischen Rathaus aus.

Eine gemeinsame Lösung würde den Haushalt bestimmt noch mehr entlasten. Aber unsere Stadträte werden die beste Lösung finden.

Erstmeldung: 29. Januar, 5.48 Uhr; letzte Aktualisierung: 14.48 Uhr

Titelfoto: Bildmontage: Uwe Meinhold (2)

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