Wegen Sparzwang: Sozialarbeiter-Stelle soll gestrichen werden

Chemnitz - Am Beruflichen Schulzentrum (BSZ) für Ernährung, Gastgewerbe und Gesundheit in Chemnitz sorgt eine geplante Streichung für heftige Diskussionen. Die Stelle des Schulsozialarbeiters Alexander Lörinczy (44) soll im Zuge von Einsparmaßnahmen im kommenden Doppelhaushalt gestrichen werden.

Schulsozialarbeiter Alexander Lörinczy (44) ist nach derzeitigem Stand noch bis August dort angestellt.
Schulsozialarbeiter Alexander Lörinczy (44) ist nach derzeitigem Stand noch bis August dort angestellt.  © Maik Börner

Eine Entscheidung, die laut Schulleiterin Uschi Rühling (61) fatale Folgen für die rund 750 Schüler haben könnte.

Im BSZ an der Arthur-Bretschneider-Straße werden angehende Bäcker, Köche und Fachkräfte für das Hotel- und Gastgewerbe ausgebildet. Rund 40 Prozent der Schüler haben einen Migrationshintergrund - eine Herausforderung, die in der Vergangenheit oft zu Konflikten führte.

Seit Alexander Lörinczy vor sieben Jahren als Schulsozialarbeiter begann, habe sich die Lage jedoch deutlich entspannt, so Rühling: "Die langjährige Arbeit von Alexander ist eine Erfolgsgeschichte."

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Lörinczy ist für viele Schüler die wichtigste Anlaufstelle, wenn es um psychische Probleme, familiäre Konflikte oder andere Belastungen geht. "Allein im Jahr 2024 führte ich knapp 100 Gespräche mehr als im Vorjahr", erklärt er.

Doch im November kam der Schock: Das Jugendamt kündigte an, seine Stelle zu streichen.

Alexander Lörinczy, Schulleiterin Uschi Rühling (58) und Personalchefin Monika Winter (60, r.).
Alexander Lörinczy, Schulleiterin Uschi Rühling (58) und Personalchefin Monika Winter (60, r.).  © Maik Börner
Die beiden Azubis Chayenne Werner (23) und Dean Zocher (19) sind fassungslos über die Streichung der Stelle.
Die beiden Azubis Chayenne Werner (23) und Dean Zocher (19) sind fassungslos über die Streichung der Stelle.  © Maik Börner

"Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll"

Das Berufliche Schulzentrum (BSZ) für Ernährung, Gastgewerbe und Gesundheit mit 750 Schülern liegt in Schloßchemnitz.
Das Berufliche Schulzentrum (BSZ) für Ernährung, Gastgewerbe und Gesundheit mit 750 Schülern liegt in Schloßchemnitz.  © Maik Börner

"Wenn das so kommt, weiß ich nicht, wie es weitergehen soll", sagt Rühling.

Besonders kritisch sieht sie, dass das Jugendamt sich kein Bild von der Situation vor Ort gemacht habe. Lörinczy unterstützt die Schüler nicht nur bei persönlichen Krisen, sondern auch bei praktischen Problemen wie der Wohnungssuche oder Behördengängen.

Auch die Schüler zeigen sich enttäuscht und besorgt. "Alex hat mir bei meinen Problemen im Schulalltag sehr geholfen", sagt Chayenne Werner (23), die eine Ausbildung zur Bäckerin macht.

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"Wohin sollen wir uns wenden, wenn er nicht mehr da ist?", fragt Dean Zocher (19), Koch-Azubi.

Der Stadtrat wird voraussichtlich im März über die Maßnahmen zum Doppelhaushalt abstimmen. Bis dahin hoffen Schüler und Lehrkräfte auf eine Lösung.

Bedarf nicht ignorieren

Kommentar von Sebastian Gogol

Die geplante Streichung der Schulsozialarbeiter-Stelle am BSZ betrifft nicht nur die 750 Schüler direkt - viele von ihnen sind dringend auf Unterstützung angewiesen -, sondern steht auch sinnbildlich für eine Entwicklung, die an zahlreichen anderen Stellen sichtbar wird.

Gerade an einer Schule mit einem Migrationsanteil von 40 Prozent, wo Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede und soziale Herausforderungen aufeinandertreffen, ist ein Schulsozialarbeiter unverzichtbar. Die Entscheidung, diese Stelle zu streichen, gefährdet nicht nur die mühsam erarbeitete Stabilität, sondern riskiert auch, Fortschritte zunichtezumachen. Der Bedarf ist nach wie vor groß und darf nicht einfach ignoriert werden.

Besonders problematisch ist, wie solche Entscheidungen getroffen werden: häufig aus der Ferne und ohne sich ein genaues Bild von den Gegebenheiten vor Ort zu machen. Auch andere Einrichtungen, die von den Sparmaßnahmen betroffen sind, bestätigen immer wieder dieses Vorgehen. Es fehlt an direktem Austausch und Verständnis für die realen Auswirkungen solcher Einschnitte. Dass gespart werden muss, steht außer Frage.

Doch solche Entscheidungen sollten mit größter Sorgfalt getroffen werden, da sie die jungen Menschen betreffen und maßgeblich die Zukunft der Stadt beeinflussen.

Titelfoto: Fotomontage: Maik Börner (2)

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