Viele CDU- und SPD-Mitglieder skeptisch: Wie Chemnitzer Politiker den Koalitionsvertrag bewerten

Chemnitz - Aufbruchsstimmung oder skeptisches Stirnrunzeln? Der Koalitionsvertrag in Berlin sorgt für hitzige Diskussionen an den Chemnitzer Parteibasen. Viele fragen sich: Was ist das Papier wirklich wert?

Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD: Die SPD lässt seit Dienstag ihre Mitglieder darüber abstimmen.  © dpa/Kay Nietfeld

"Ich halte den Koalitionsvertrag für zustimmungsfähig", sagt Detlef Müller (60, SPD) vor der beginnenden Befragung der SPD-Mitglieder am Dienstag. "Die Maßnahmen für Bahnnetz oder Autobahnsanierungen sind ein großer Erfolg."

Der Chemnitzer Ex-Bundestagsabgeordnete, der bis kurz vor seinem Ausscheiden an dem 144-Seiten-Werk mitgestrickt hatte, räumt aber auch ein: "Ich verstehe, dass mancher in der SPD das Gefühl hat, sich nicht wiederzufinden. Es gibt viel Frust wegen der flexibleren Arbeitszeitregelung oder der Migration."

Noch drastischer formuliert es der Chemnitzer SPD-Chef Sebastian Reichelt (39): "Ich weiß bislang nicht, ob ich zustimmen werde. Bei den Regelungen zur Arbeitszeit empfinde ich wirklich Schmerzen."

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Er halte auch nichts von der staatspolitischen Verantwortung der SPD: "Wenn es nicht reicht, dann reicht es nicht."

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Detlef Müller (60, SPD) hat am Koalitionsvertrag beim Abschnitt Verkehr und Digitalisierung mitgearbeitet.  © Uwe Meinhold
Der Chemnitzer SPD-Chef Sebastian Reichelt (39) erhält geteilte Reaktionen auf den Koalitionsvertrag.  © Ralph Kunz

Kritische Töne bei Chemnitzer CDU

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Nora Seitz (40) in ihrer Fleischerei auf dem Chemnitzer Sonnenberg.  © Ralph Kunz

Auch bei der Chemnitzer Union hält man das Werk nicht für den großen Wurf.

"An der Basis hat es einen großen Aufschrei gegeben", sagt Nora Seitz (40), die gerade für die CDU in den Bundestag eingezogen sind. "Die Versprechen waren andere. Das 'Sondervermögen' sorgt für eine Menge Unbehagen und Misstrauen."

In ihrer Fleischerei auf dem Sonnenberg habe sie sich schon einiges anhören müssen: "Eine Frau stand bei uns im Laden und brüllte 'Lügner'. Ein anderer Kunde nannte uns 'Lügenpartei'." Die Abgeordneten müssten die schwammigen Formulierungen jetzt mit Leben erfüllen und handeln.

Ines Saborowski (57) ist CDU-Kreischefin und sitzt seit 2009 im Landtag.  © Maik Börner

Parteifreundin Ines Sabarowski (57) warnt vor den Folgen, sollte der Koalitionsvertrag scheitern: "Die Demokraten müssen sich fragen, was eine Neuwahl bringen würde. Das überlegt man im Gegensatz zu anderen Verbänden an der Chemnitzer Basis sehr genau. Wir müssen die Regierung erst mal anfangen lassen."

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