Professor entwickelt Wahl-O-Mat für Chemnitzer Stadtrats-Wahl
Chemnitz - Am 9. Juni ist Stadtratswahl in Chemnitz. Wer noch nicht weiß, wen er wählen soll, dem hilft die TU. Die Politikwissenschaftler Prof. Eric Linhart (48) und Dr. Benjamin Höhne (45) entwickelten ein Wahl-Tool fürs Smartphone mit 36 Fragen, darunter 16 speziellen Chemnitzer Themen.
"Wahlen zu Stadträten sind für Bürger viel komplexer als beim Bundestag", weiß Eric Linhart. "Örtliche Probleme sind oft nicht mit allgemeiner Ideologie zu lösen. Darum ist es extrem wichtig, sich vorher zu informieren."
Die 36 Fragen sehen aus wie der "Wahl-O-Mat" (darf aber aus rechtlichen Gründen nicht so heißen). Denn das kommunale Fragen-Gerüst für die App "Voto" erstellte die TU Darmstadt. Zur Verbreitung suchten sich die Entwickler Partner - in Sachsen die TUs Chemnitz und Dresden.
Bei 20 Fragen handelt es sich um Brückenthesen, die in jeder Stadt passen - Gewerbesteuer, Tempo 30, Videoüberwachung.
"In Chemnitz haben wir aus den Programmen der zehn Parteien 16 Thesen entnommen, diese bei allen Parteien abgefragt und mit Prozentzahlen gewichtet", erklärt Eric Linhart. Dazu gehören Innenstadtwache, Kulturmittel, Aufenthaltsverbote im Zentrum oder Demokratiebildung.
Schöner Gag: Nach jeder Frage stehen oben die drei Parteien, die am besten zu den bisherigen Antworten passen.
Linhart und Höhne hoffen auf eine fünfstellige Beteiligung, "um möglichst viel Wahlhilfe zu leisten". Das Wahltool steht unter app.voto.vote im Internet - dort Kommunalwahl Chemnitz antippen.
So funktioniert das Wahltool
Das Wahltool der TU Chemnitz umfasst 36 Fragen. Wie die Gewichtung funktioniert, zeigt ein Beispiel.
Auf die Frage "Waffenverbotszone für die Chemnitzer Innenstadt?" stimmten die zehn Parteien wie folgt zu: CDU und AfD 100 Prozent, BBS und BSW 75, Pro Chemnitz 50, Grüne, FDP 25 sowie SPD, Linke, Die PARTEI je 0 Prozent.
Die gleichen Prozentzahlen ergeben sich aus den Antwortmöglichkeiten der App. Die Parteien durften ihre Antworten auch begründen.
Das reicht hier von "Aktionismus" (Linke) bis "Waffen gehören nicht in den öffentlichen Raum" (AfD). Das spielt beim Abstimmen aber keine Rolle.
TAG24 fragt nach: Geht Ihr wählen?
Patrick Meyer (22), Sachbearbeiter: "Einen Chemnitzer Wahl-O-Mat finde ich gut. Er hilft Unentschlossenen, die politische Richtung zu finden. Das gilt auch für mich, meine Wahl ist noch unklar. Aber teilnehmen werde ich an allen drei Wahlen."
Ingrid Grsyb (86), Rentnerin: "Ja, sicher gehe ich wählen! Ich verschenke nicht meine Stimme. Wem ich sie gebe, muss ich überlegen. Ich bin noch enttäuscht von der vorherigen EU-Wahl. Ein Wahl-O-Mat interessiert mich nicht, ich habe kein Internet."
Matthias Ackermann (64), Rentner: "Ja, ich gehe wählen, weil das mein Grundrecht auf Freiheit ist. Selbstverständlich weiß ich auch, wen ich wähle. Wahl-O-Mat kenne ich, aber nur für den Bundestag. Ich bin auf die Chemnitzer Fragen gespannt."
Kerstin Heidenreich (61), Angestellte: "Ich gehe definitiv dreimal wählen. Keine Stimme abgeben ist blöd. Ein Wahl-O-Mat ist gut für Unentschlossene."
"Aber ich habe feste Überzeugungen", führt Heidenreich aus.
Titelfoto: Uwe Meinhold