Keine Wahlzettel in Blindenschrift: In Chemnitz wird für Blinde die Wahl zur Qual
Chemnitz - Blinde haben bei der Kommunalwahl am 9. Juni in Chemnitz ein Problem - es gibt für sie keine Stimmzettel-Schablonen in Blindenschrift. Und wer vor der Wahl einen Unfall erleidet, für den wird Wählen zum Wettlauf mit der Zeit.
Auf diese Probleme weist CDU-Kandidat Michael Theiss (44) hin. Er weiß als Vorsitzender des Landesverbandes für Blinden- und Sehbehinderten-Pädagogik: "Zur Europawahl gibt es Wahl-Schablonen in Brailleschrift, zur Kommunalwahl nicht."
Die Stadt bestätigt das, nennt technische Gründe. Tipp: Eine Vertrauensperson mit in die Wahlkabine nehmen, die das Kreuz setzt. Das könne auch ein Mitglied des Wahlvorstands sein.
Nur so kann auch Anja Voigt (49), Beraterin beim Blindenverein "Weißer Stock", am 9. Juni wählen. Sie ist damit nicht glücklich: "Meine Wahl ist nicht mehr geheim." Vertrauen in ihre Assistenz hat sie: "Blinde müssen oft vertrauen - werde ich über die richtige Straße geführt?"
Anja Voigt hofft auf Blinden-Schablonen zur Kommunalwahl 2029. Michael Theiss stimmt zu: "Wir müssen Lösungen finden!"
Für Gehbehinderte, die am Wahltag wegen Krankheit oder Unfall keine Treppen zum Wahllokal erklimmen können, gibt es eine Lösung. Laut Stadt kann man - neben Briefwahl - mit seinem Wahlschein einen barrierefreien Wahlraum nutzen (bei der Europawahl in der Stadt, bei der Kommunalwahl im Wahlkreis).
In akuten Fällen können Wähler einen Helfer noch am Wahltag, bis 15 Uhr, zur Briefwahlstelle im Moritzhof schicken (mit Vollmacht). Der Wahlschein muss anschließend bis Punkt 18 Uhr zurückgebracht werden.
Titelfoto: Ralph Kunz