Bald Klogebühren in Chemnitzer Lokalen? Rathaus will "Nette Toilette" einkassieren

Chemnitz - Die Zukunft des Projekts "Nette Toilette" steht in Chemnitz auf der Kippe. Das Rathaus hat die Initiative, die seit 2017 den Zugang zu öffentlichen Toiletten in der Innenstadt verbessert, auf die Streichliste gesetzt. Gibt es bald Klogebühren in den Lokalen?

Turmbrauhaus-Chef André Donath (59).
Turmbrauhaus-Chef André Donath (59).  © Ralph Kunz

Das Konzept dahinter: Restaurants, Cafés und Bars stellen ihre Toiletten während der Öffnungszeiten kostenfrei zur Verfügung, erkennbar an einem roten Aufkleber an der Eingangstür.

Im Gegenzug erhalten die teilnehmenden Betriebe eine Aufwandsentschädigung, um die zusätzlichen Kosten für Reinigung und Wasserverbrauch zu decken. Dieses Modell kostet die Stadt jährlich etwa 20.000 Euro.

Nun sollen Einsparungen her und das Projekt steht - zusammen mit anderen Vorhaben wie dem Wildgatter und den Bürgerservicestellen in den Ortschaften - zur Diskussion.

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Ob die "Nette Toilette" tatsächlich eingestellt wird, entscheidet der Stadtrat.

Der rote Aufkleber an den Eingängen der Lokale weist auf die "Nette Toilette" hin.
Der rote Aufkleber an den Eingängen der Lokale weist auf die "Nette Toilette" hin.  © Ralph Kunz
Gastronom André Gruhle.
Gastronom André Gruhle.  © Ralph Kunz

Eine von 250 deutschen Städten

Ines Schlenzig (55) von der "Café & Tee Lounge" bietet auch weiterhin kostenlose Toiletten an.
Ines Schlenzig (55) von der "Café & Tee Lounge" bietet auch weiterhin kostenlose Toiletten an.  © Kristin Schmidt

"Bei uns kann weiterhin jeder kostenfrei auf Toilette gehen. Das ist selbstverständlich. Dennoch wäre es schön, wenn die Unterstützung von der Stadt bestehen bliebe", so Gastronom André Gruhle, dessen Innenstadt-Lokale "Diebels Fasskeller" und "Hans im Glück" am Projekt teilnehmen.

Ines Schlenzig (55) von der "Café & Tee Lounge" verweist auf die steigenden Belastungen für die Gastronomie: "Die Abschaffung der Entschädigung wäre nicht ideal - vor allem angesichts der gestiegenen Nebenkosten. Trotzdem bleibt unsere Toilette weiterhin kostenfrei zugänglich."

Turmbrauhaus-Chef André Donath (59): "Für uns hat die Abschaffung keine Auswirkungen. Die Toiletten bleiben für alle gratis. Vielleicht bleibt dadurch ja der eine oder andere Gast auf ein Bierchen."

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Chemnitz ist eine von etwa 250 deutschen Städten, in denen es die "Nette Toilette" gibt.

Ein Herz für Gäste

Die Toiletten des Lokals "Hans im Glück" bleiben für alle gratis.
Die Toiletten des Lokals "Hans im Glück" bleiben für alle gratis.  © Ralph Kunz

Ein Kommentar von Sebastian Gogol

Fast jeder kennt das Problem: Man ist als Tourist in einer fremden Stadt unterwegs und plötzlich meldet sich die Blase. Der Weg zur nächsten Toilette wird schnell zum Spießrutenlauf.

In vielen Städten verlangen öffentliche Toiletten oder Gaststätten Gebühren. Fehlt das nötige Bargeld, geht die Suche weiter.

Das Projekt "Nette Toilette" bot hier eine Lösung. Es ist nicht nur ein praktischer Service, sondern auch ein Symbol für Gastfreundschaft und Lebensqualität in Chemnitz.

Gerade im Kulturhauptstadtjahr, in dem die Stadt viele Besucher anziehen will, wäre es ein peinliches Signal, wenn Touristen beim Toilettengang auf Münzen angewiesen wären.

Noch schlimmer: Wenn es keine zugänglichen Alternativen gibt, leidet nicht nur das Image der Stadt, sondern auch das Erlebnis der Gäste.Dass es so weit nicht kommen muss, verdanken wir den "Netten Gastronomen". Sie stellen ihre Toiletten auch dann weiterhin kostenfrei zur Verfügung, sollte das Projekt gestrichen werden - trotz gestiegener Kosten für Wasser, Energie und Reinigung.

Dieser Einsatz verdient Anerkennung und zeigt, dass Chemnitz auch ohne städtische Unterstützung auf Gastfreundschaft setzt.

Titelfoto: Ralph Kunz

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