Finanz-Showdown im Chemnitzer Rathaus: Das sind die Top 10 der Entscheidungen

Chemnitz - Die fetten Zeiten sind auch in Chemnitz vorbei, das ist seit Monaten klar. Am heutigen Mittwoch und am morgigen Donnerstag stellt der Stadtrat in einer wohl zweitägigen Marathon-Sitzung die Weichen für die Chemnitzer Finanzpolitik der nächsten beiden Jahre. Zur Debatte stehen der Rekordhaushalt 2025/2026 und die vom Rathaus erarbeitete Streichliste, die zusätzliche Einsparungen bringen soll.

Chemnitz wird in den nächsten Jahren finanziell deutlich kleinere Brötchen backen müssen.
Chemnitz wird in den nächsten Jahren finanziell deutlich kleinere Brötchen backen müssen.  © Uwe Meinhold

"Wir müssen alle die Realitäten zur Kenntnis nehmen", hatte OB Sven Schulze (53, SPD) bereits im Vorfeld klargestellt. "Es kann in Chemnitz kein 'Weiter so' geben."

Finanzbürgermeister Ralph Burghart (55, CDU) setzte zu Beginn der Sitzung auseinander, dass im neuen Haushalt zwar Rekordeinnahmen von 1,1 Milliarden Euro zu erwarten seien (davon jährlich rund 330 Millionen Euro an Steuern). "Doch dem gegenüber stehen Ausgaben in Höhe von 1,15 Milliarden Euro. Auch vom Land werden wir künftig deutlich weniger Geld bekommen."

Der neue Etat wird trotz der seit Monaten geltenden teilweisen Haushaltssperre nach langer Zeit der erste, in dem ein großes Loch klafft: Bis Ende 2026 fehlen den Planungen zufolge 122 Millionen Euro, 2030 werden es wohl schon 600 Millionen Euro sein.

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Seit 2017 setzt Chemnitz in Sachen Finanzen auf einen Doppelhaushalt und regelt Ein- und Ausgaben im Zweijahres-Takt. Das Rathaus erarbeitet das Zahlenwerk, über das der Stadtrat dann nach einer in der Regel hitzigen Debatte abstimmt.

Stadtkämmerer Ralph Burghart (55, CDU) mahnt: "Wir können es uns nicht ersparen zu sparen."
Stadtkämmerer Ralph Burghart (55, CDU) mahnt: "Wir können es uns nicht ersparen zu sparen."  © Ralph Kunz
OB Sven Schulze (53, SPD) läutet die Glocke zum Auftakt der Haushaltssitzung.
OB Sven Schulze (53, SPD) läutet die Glocke zum Auftakt der Haushaltssitzung.  © Ralph Kunz

Stadträte geben Bund und Land die Schuld an Finanz-Misere

Der Chemnitzer Stadtrat absolviert die wichtigste Sitzung des Jahres.
Der Chemnitzer Stadtrat absolviert die wichtigste Sitzung des Jahres.  © Ralph Kunz

Zum heutigen Auftakt waren sich die Räte fraktionsübergreifend einig, dass die unzureichende Finanzausstattung durch Bund und Land maßgeblich zur Misere von Chemnitz und vielen anderen Städten beigetragen hätten.

Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke (56) ging noch einen Schritt weiter und forderte die Rathausspitze auf, den Schulterschluss mit anderen Kommunen zu suchen: "Es muss im Notfall mit einer Verfassungsgerichtsklage auch der Rechtsweg beschritten werden."

Doch auch die Stadtverwaltung musste sich harsche Kritik der Räte anhören: "Der Haushalt ist ein dickes Brett", sagte CDU/FDP Fraktionsc-Chef Tino Fritzsche (63, CDU). "Doch warum sorgt man durch die Ankündigung von Bäderschließungen für schlechte Laune?" Alternativ sollte man durch die Bündelung von Aufgaben der städtischen Gesellschaften sparen.

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Susanne Schaper (47, Linke) brachte den Vorschlag eines Bürgerkredits ins Gespräch: "In anderen Städten gibt es das, es ist kein Argument, dass wir so etwas noch nicht gemacht haben."

Das BSW kritisierte erneut die "unzureichende Kommunikation und fehlende Transparenz" der Stadtverwaltung und sprach von einem unzumutbaren Arbeitsdruck bei der Auseinandersetzung mit dem Haushaltsentwurf.

Die Top 10 der Entscheidungen zur umstrittenen "Streichliste":

Das von Schließung bedrohte Wildgatter in Oberrabenstein ist gerettet.
Das von Schließung bedrohte Wildgatter in Oberrabenstein ist gerettet.  © Ralph Kunz

1. Gegen die Stimmen von Linken und BSW hat der Stadtrat die geplanten Einsparungen beim Rathaus-Personal gebilligt. In den nächsten zehn Jahren sollen etwa 1000 Stellen abgebaut werden.

2. Die Grundsteuer wird nicht erhöht. Der Stadtrat lehnte gegen die Stimmen von SPD und Grünen die Anhebung des sogenannten Hebesatzes auf 5,4 ab. Auch die Hundesteuer bleibt, wie sie ist, die Zweitwohnsteuer steigt auf 20 Prozent.

3. Die Bewohnerparkplätze werden ab Sommer teurer. Der Ausweis kostet dann 100 Euro pro Jahr (bislang 30,70 Euro). Die geplante Erhöhung der Parkgebühren ist aber vom Tisch.

4. Auf den Chemnitzer Straßen wird kein weiterer Blitzer-Anhänger (Enforcement Trailer) aufgestellt. Das Rathaus wollte das Gerät ab 2026 für jährlich 80.000 Euro anmieten.

5. Die Schülerbeförderung in Chemnitz wird zum nächsten Schuljahr neu geregelt. Der Stadtrat hat mit großer Mehrheit beschlossen, die Übernahme der Fahrtkosten künftig deutlich enger zu fassen.

Es wird in Chemnitz keinen fünften "Enforcement Trailer" (Blitzeranhänger) geben.
Es wird in Chemnitz keinen fünften "Enforcement Trailer" (Blitzeranhänger) geben.  © Maik Börner
Die Übernahme von Fahrtkosten für den Schülerverkehr in Chemnitz soll künftig deutlich enger gefasst werden.
Die Übernahme von Fahrtkosten für den Schülerverkehr in Chemnitz soll künftig deutlich enger gefasst werden.  © Kristin Schmidt

Chemnitzer Kunstmuseen bekommen zusätzlichen Schließtag

Ab 2026 gibt es in den Kunstmuseen der Stadt einen zweiten Schließtag. Das Industriemuseum ist nicht betroffen.
Ab 2026 gibt es in den Kunstmuseen der Stadt einen zweiten Schließtag. Das Industriemuseum ist nicht betroffen.  © Maik Börner

6. Wildgatter in Oberrabenstein, Freibad Wittgensdorf, Schwimmhalle Südring und Sauna Stadtbad bleiben offen. Auch die vier Stadtteilbibliotheken werden nicht geschlossen.

7. Die Erhöhung der Elternbeiträge in Chemnitz "außer der Reihe" ist vom Tisch. Das Rathaus wollte eine Anhebung für Krippen um 20 Prozent sowie für Kindergärten und Horte um 27 Prozent.

8. Das Aus für die Chemnitzer Bürgerplattformen ist abgewendet. Die Stadträte lehnten die Rathaus-Pläne fast einstimmig ab, die Finanzierung der Vereinigungen abzuschaffen. Stattdessen soll das sogenannte Bürgerbudget leicht gesenkt werden.

9. Die Kunstmuseen bekommen ab 2026 einen zusätzlichen Schließtag.

10. Das Frauenzentrum "Lila Villa" erhält eine städtische Finanzspritze von 100.000 Euro, muss sich aber ein neues kostengünstigeres Domizil suchen.

Titelfoto: Bildmontage: Ralph Kunz, Ralph Kunz, Maik Börner

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