Chemnitz: So wollen die Parteien das Zentrum sicherer machen

Chemnitz - Wahlkampf-Thema Nummer 1 in Chemnitz ist die Sicherheit. Und das aus gutem Grund: In der jüngsten Kriminal-Statistik für das Jahr 2023 listet die Polizeidirektion Chemnitz für den gesamten Zuständigkeitsbereich mehr als 46.000 Straftaten auf (plus 12 Prozent gegenüber 2022).

Die Zentralhaltestelle ist nach Einschätzung der Polizei einer von elf unsicheren Orten im Chemnitzer Zentrum.
Die Zentralhaltestelle ist nach Einschätzung der Polizei einer von elf unsicheren Orten im Chemnitzer Zentrum.  © Kristin Schmidt

Allein im Stadtgebiet wurden knapp 7500 Straftäter gezählt (plus zwei Prozent gegenüber 2022). Vor allem die Zahlen bei Kindern und Jugendlichen sind deutlich angestiegen, 21 junge Intensivtäter allein in Chemnitz sind polizeibekannt.

Diebstahl, Körperverletzung und Raubüberfälle haben den Angaben zufolge besonders stark zugenommen.

Einziger Lichtblick: Seitdem im Vorjahr die Operative Einsatzgruppe (OEG) im Zentrum ihren Dienst tut, haben sich die Straftaten, vor allem Diebstähle, über den Winter in etwa halbiert. Als Hotspots machen die Chemnitzer Parteien neben der Innenstadt rund um den Wall auch den unteren Sonnenberg aus.

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Chemnitz Politik Chemnitz: So teuer war der Sonder-Stadtrat

Wie will die Kommunalpolitik die Lage in den Griff bekommen? Die Spitzenkandidaten stellen ihre Ansätze vor.

Erst vor einem Monat gab es eine Drogen-Razzia im Zentrum am Wall.
Erst vor einem Monat gab es eine Drogen-Razzia im Zentrum am Wall.  © Sven Gleisberg

Joseph Israel (25, Grüne): "Wir sind auch dafür, die Polizeipräsenz auszubauen"

Joseph Israel (25, Grüne)
Joseph Israel (25, Grüne)  © Uwe Meinhold

"Wir wollen dafür sorgen, dass sich die Menschen generell in Chemnitz sicher fühlen und sicher sind. Deswegen sind wir auch dafür, die Polizeipräsenz auszubauen, dass Menschen bei Bedarf Ansprechpartner in der Nähe haben, die reagieren können. Maßnahmen müssen die Chemnitzer aber auch erreichen, deswegen setzen wir uns zusätzlich für ein Sicherheitsforum ein: ein Gesprächsformat von Stadt und Polizei mit Anwohnern und Händlern."

Ines Saborowski (56, CDU): "Außerdem setzen wir auf Video-Überwachung als Instrument"

Ines Saborowski (56, CDU)
Ines Saborowski (56, CDU)  © Kristin Schmidt

"Eine Innenstadt ist nur lebens- und liebenswert, wenn ich gern dahin gehe. Im Moment meidet der Chemnitzer ein bisschen seine Innenstadt. Daher wollen wir den Stadtordnungsdienst zielgerichtet einsetzen und zahlenmäßig verstärken. Außerdem setzen wir auf Video-Überwachung als Instrument. Und wir wollen, dass Kitas und Schulen sichere Orte sind, auch wenn es um das Thema Drogen geht."

André Dobrig (38, Linke): "Insgesamt bin ich dafür, mehr auf Streetworker zu setzen"

André Dobrig (38, Linke)
André Dobrig (38, Linke)  © Ralph Kunz

"Ich glaube nicht, dass noch mehr Kameras oder patrouillierende Polizeifahrzeuge das Sicherheitsgefühl der Chemnitzer erhöhen. Für mich signalisiert das eher Gefahr. Besser wäre es, wenn wir ansprechbare Beamte hätten, vielleicht sogar eine Fahrrad-Polizei. Insgesamt bin ich dafür, mehr auf Streetworker zu setzen. Im öffentlichen Raum gibt es verschiedene Bedürfnisse von Menschen. Diese bringen wir besser mit Sozialarbeitern unter einen Hut."

Jacqueline Drechsler (48, SPD): "Wichtig ist außerdem die gefühlte Sicherheit durch Licht"

Jacqueline Drechsler (48, SPD)
Jacqueline Drechsler (48, SPD)  © Kristin Schmidt

"Wo viele Menschen aufeinander treffen, müssen wir mit vorsorgenden Maßnahmen wie Sozialarbeitern die immer wieder entstehenden Missverständnisse niedrig halten. Wichtig ist außerdem die gefühlte Sicherheit durch Licht. Bei der Schulwegsicherheit, aber auch auf Spielplätzen. Dort muss so ausgeleuchtet werden, dass man sich da wirklich auch wohlfühlen kann, aber auf der anderen Seite auch nicht von anderen Menschen außerhalb beobachtet werden kann."

Jens Kieselstein (43, FDP): "Wenn viel Polizei da ist, fragt man sich schnell, was da los ist"

Jens Kieselstein (43, FDP)
Jens Kieselstein (43, FDP)  © Ralph Kunz

"Wir wollen den Stadtordnungsdienst stärker mit der Polizei vernetzen, damit diese sich effizienter aufteilen können, um allgemein für Sicherheit zu sorgen. Allerdings muss man da Maß und Mitte halten. Wenn viel Polizei da ist, fragt man sich schnell, was da los ist. Auf der anderen Seite sollte man positives Gedankengut in die Innenstadt hineintragen, indem mehr Veranstaltungen angeboten werden."

Volker Dringenberg (52, AfD): "Ziel ist einfach, dass die Innenstadt wieder so sicher wird, dass sich die Bevölkerung zu jeder Tag- und Nachtzeit traut, in die Innenstadt zu gehen"

Volker Dringenberg (52, AfD)
Volker Dringenberg (52, AfD)  © Härtelpress

"Das wichtigste ist für uns die Aufstockung des Stadtordnungsdienstes, damit er mehr Präsenz auch in den Stadtteilen zeigt und nicht nur in der Innenstadt. Langfristig wollen wir Stadtteil-Wachen als zusätzliche Anlaufstellen einführen. Bei der schon in Planung befindlichen Innenstadtwache wollen wir erst mal sehen, wie diese wirklich ausgestattet ist. Ziel ist einfach, dass die Innenstadt wieder so sicher wird, dass sich die Bevölkerung zu jeder Tag- und Nachtzeit traut, in die Innenstadt zu gehen."

Kleineres Übel: Kommentar von Raik Bartnik

"Chemnitz, na sicher!" steht auf einem der 26.000 Wahlplakate, die in der Stadt hängen. Wenn wir am Sonntag wählen, dann auch mit dem Blick darauf, wer etwas für unser Sicherheitsgefühl und unsere Sicherheit tut.

Einfach ist es für die Kommunalpolitik nicht, gute Lösungen anzubieten. Für viele Zustände reicht der Arm der Stadträte einfach nicht. Sei es die oftmals von uns als sehr lasch empfundene Justiz, die oftmals eher milde Strafen für Straftäter verhängt. Diese nehmen Polizei und Rechtsstaat am Ende kaum noch ernst. Oder auch die Polizei, die Anzeigen oft genug selbst nicht ernst nimmt. Es muss ja erst was passieren.

Was kann uns die Kommunalpolitik also anbieten? Hilfspunkte und Wachen, wo wir im Ernstfall hinkönnen? Wäre eine Möglichkeit. Eine Verstärkung des Stadtordnungsdienstes zur Unterstützung der Polizei? Das natürlich auch. Doch auf manch einen macht das auch schon wieder einen bedrohlichen Eindruck, wenn viel Polizei patrouilliert. Oder Videoüberwachung? Ja, aber die persönliche Überwachung und der Datenschutz ...

Manchmal muss man sich im Leben für das kleinere Übel entscheiden. Für die eigene Sicherheit würde ich über so manches hinwegsehen.

Titelfoto: Bildmontage: Kristin Schmidt, Uwe Meinhold, Ralph Kunz, Haertelpress

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