DJ Geyer dreht auf: "Ich will OB von Chemnitz werden!"
Chemnitz - Jetzt kommt Musik in den OB-Wahlkampf. Jens-Uwe Jahn (57), besser bekannt als einstiger Kult-DJ Geyer, will Nachfolger von Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (57, SPD) werden. Nach Nico Köhler (43, AfD) und Sven Schulze (47, SPD) ist er der dritte Chemnitzer Kandidat. Aber mit Abstand der lauteste.
Der gebürtige Karl-Marx-Städter ist parteilos. Doch er rechnet sich Chancen aus: "Meine Freunde sagen, wenn es einer schaffen kann, dann ich. Mich kennen einfach mehr Menschen." Diese Berühmtheit hat sich der gelernte Kfz-Schlosser hart erarbeitet. Nach der Wende baute "Geyer" den Radiosender Energy mit auf, war sogar Programmchef, wechselte noch zum R.SA-Vorgänger Oldie FM. Zuvor tingelte er ab 1983 als DJ durch Karl-Marx-Stadt. Ob Freizeitzentrum Süd, Stadtkeller, Einheit, Bunker oder Volkshaus Ebersdorf, DJ Geyer brachte die Massen zum Tanzen.
Damals legte Jahn noch selbstbespielte Kassetten auf. "Aber ich verdiente in der DDR 3000 Mark im Monat." Vor 15 Jahren bremste ein Alkoholabsturz den Tatendrang von DJ Geyer. Heute verdient er wieder Geld als "Schallplatten-Unterhalter", beim Stadtfest, im Brauclub oder in Dresden. Eine gewaltige Musikanlage und 15.000 CDs füllen seine Riesenwohnung auf dem Sonnenberg.
Als Politiker hat DJ Geyer klare Ziele: "Ich kann Menschen mitreißen. Ich möchte die Kulturhauptstadt stoppen, Sportstadt und Jugendzentren stärken und die Abwicklung unserer Betriebe wie aktuell der Union stoppen."
Jens-Uwe Jahn plant schon Plakate mit dem Satz "Yes I can". Doch zunächst muss er für seine Kandidatur 1800 Unterschriften sammeln. "Acht habe ich schon. Aber ich plane bald einen Auftritt auf dem Neumarkt."
Politik oder Klamauk?
Kommentar von Bernd Rippert
Ein stadtbekannter Discjockey und einstiger Alkoholiker will Oberbürgermeister von Chemnitz werden. Ist das noch Politik oder schon Klamauk? Eine gute Frage. Jens-Uwe Jahn vom Sonnenberg, bekannt als DJ Geyer, beantwortet sie mit: "Ich will antreten."
Natürlich stelle auch ich mir die Frage, ob DJ Geyer eine gute Figur im Rathaus abgeben würde, ob er komplexe Verwaltungsabläufe lenken könnte, ob er überhaupt die nötigen 1800 Unterstützer-Unterschriften findet.
Gegenfrage: Stellen wir uns diese Fragen auch bei gelernten Politikern, die nichts auf die Reihe kriegen?
Gehen wir ein paar Themen durch. Ein gescheiterter Verfassungsschutz-Präsident soll Staatssekretär werden - Politik oder Klamauk? Ein Verkehrsminister unterschreibt millionenschwere Verträge, obwohl die Pkw-Maut noch gar nicht sicher ist (und später gekippt wird) - Politik oder Klamauk? Honorige Politiker setzen einen Großflughafen in den Sand - Politik oder Klamauk? Stuttgart 21, Vogelschiss-Debatte, NSU-Ermittlungen, Treuhand - alles Politik oder Klamauk?
Jeder Bürger darf Oberbürgermeister werden. Freuen wir uns, wenn ein Bürger sich bewirbt.
Titelfoto: Maik Börner