Chemnitz: Hier erklärt der Baubürgermeister, warum er sein Amt aufgibt
Chemnitz - Die Nachricht hat große Wellen geschlagen: Nach zehn Jahren will Baubürgermeister Michael Stötzer (52, Grüne) nicht mehr.

Der Verwaltungs-Quereinsteiger hatte am gestrigen Dienstag überraschend zum 31. August seinen Rückzug aus dem Rathaus angekündigt. Über Gründe und neue Herausforderungen spricht der Bürgermeister jetzt selbst.
"Nach 18 Jahren in der Stadtverwaltung Chemnitz war es für mich Zeit, über neue Perspektiven nachzudenken", erklärt Stötzer.
"Es kam auch nicht von heute auf morgen. Trotzdem bin ich hin- und hergerissen. Es gibt viele Menschen aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft, die ich vermissen werde. Aber man trifft sich immer zweimal im Leben."
Michael Stötzer wird die Stadtverwaltung verlassen, will aber in Chemnitz bleiben: "Es steht noch nicht ganz fest, was ich mache. Es wird natürlich ums Bauen und um die Chemnitzer Infrastruktur gehen. Das Interesse an baulichen Themen ist ungebrochen, doch das kann man auch von einer anderen Seite tun."

Stötzer wurde 2015 Baubürgermeister von Chemnitz

Der gebürtige Auer und studierte Architekt war 1989 nach Chemnitz gekommen. Nach der Tätigkeit in verschiedenen Architekturbüros wechselte er 2007 ins Rathaus, wurde zwei Jahre später Hochamtsleiter. 2015 wurde er schließlich ohne Gegenstimme im Stadtrat Baubürgermeister.
"Wenn man so ein Amt hat, geht es nicht um Selbstverwirklichung", stellt Stötzer klar. "Man muss die Interessenlagen vieler Menschen zusammenbringen und ausloten, wo wollen wir gemeinsam hin."
Eine der großen Aufgaben seines Nachfolgers, dessen Stelle das Rathaus nach den Ferien ausschreiben will: "Für den Mobilitätsplan habe ich leider keine Mehrheiten zusammenbekommen. Darüber denke ich bis heute sehr nach. Bei den verschiedenen Verkehrsarten liegen die Postionen weit auseinander."


Respekt auch vom politischen Gegner

Für den Stadtrat kam der Rückzug von Baubürgermeister Michael Stötzer (52, Grüne) sehr überraschend.
• Volkmar Zschocke (56, Grüne): "Auch ich habe erst vorgestern davon erfahren. Ihn hat die Bereitschaft ausgezeichnet, sich abzustimmen, um zu einer gemeinsamen tragfähigen Lösung zu kommen."
• Falk Ulbrich (58, CDU): "Der Umgang war respektvoll auch bei unterschiedlichen Meinungen. Er hatte ein schweres Dezernat mit vielen Interessenlagen zu führen."
• Volker Dringenberg (52, AfD): "Als Mensch war Herr Stötzer sehr umgänglich und sympathisch, fachlich gibt und gab es natürlich vieles zu kritisieren."
• Jeannette Wilfer (34, BSW): "Sein Weggang ist ein großer Verlust für Chemnitz. Der Bau von Schulen und Kindergärten oder der Bernsdorfer Schwimmhalle wurden trotz Schwierigkeiten in der Corona-Krise realisiert."
• Jacqueline Drechsler (48, SPD): "Mich macht sein Weggang traurig. Er war skandalfrei, 'Südverbundgeschichten' wie bei anderen findet man bei ihm nicht."
• Susanne Schaper (47, Linke): "Wir haben ihn als sehr engagierten Bürgermeister erlebt. Er hat sich stets für sein Fachgebiet eingesetzt, auch wenn es oft nicht einfach war."
Titelfoto: Uwe Meinhold