Chemnitz - Der Chemnitzer Stadtrat hat nach gut zehnstündiger Mammutsitzung den Haushalt für die nächsten beiden Jahre beschlossen. Umfang: 1,1 Milliarden Euro. Zuvor wurde die umstrittene "Liste der Grausamkeiten" mit 58 Konsolidierungsmaßnahmen punktweise abgestimmt und 95 Haushaltswünsche der Fraktionen behandelt.
Das knappe Resultat war 0.13 Uhr besiegelt: 28 Ja-Stimmen gegen 21 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen. "Wir sehen das Ergebnis der Haushaltsberatungen als kritisch an", reagierten OB Sven Schulze (53, SPD) und Finanzbürgermeister Ralph Burghart (55, CDU) direkt im Anschluss.
"Zwar wurde eine Haushaltssatzung beschlossen, jedoch fanden aus unserer Sicht deutlich zu wenige werthaltige Konsolidierungsmaßnahmen eine Mehrheit."
Insgesamt 30 Millionen Euro hatte das beschlossene Maßnahmenpaket nach noch nicht offiziell bestätigten Zahlen eingebracht. Allein der Sparkurs beim Rathauspersonal erzielt über den Haushaltszeitraum hinaus bis 2029 Einsparungen von gut 17 Millionen Euro.
Die Stadtverwaltung hätte gern sogar 23 Millionen Euro gekürzt, doch zu einer Reduzierung von nicht benötigten Erzieherstellen in den kommunalen Kitas konnte sich der Rat nicht durchringen. Auch die Grundsteuer wird in ihrer Höhe so bleiben und damit keine weiteren 14 Millionen Euro einbringen.
Das sagen die Stadträte zum beschlossenen Haushalt
"Ich bin enttäuscht, dass die CDU kurz vor der Abstimmung darüber kalte Füße bekommen hat", ärgert sich Jürgen Renz (50, SPD). "Es hat ja im Vorfeld viele fraktionsübergreifende Gespräche gegeben. Die höhere Grundsteuer, aber auch höhere Parkgebühren oder einen fünften Blitzeranhänger hätte die Stadtgesellschaft sicher verkraftet."
CDU/FDP bleiben in ihrer Einschätzung eher allgemein: "Wir sind zufrieden, dass überhaupt ein Haushalt beschlossen wurde", meint Kai Hähner (52, CDU). "Dies war aufgrund der schwierigen Mehrheitsverhältnisse nicht sicher."
Volker Dringenberg (52, AfD) unterstreicht die Rolle des Stadtrates: "Wir werden auch zukünftig Sparvorschläge der Verwaltung nicht einfach nur abnicken. Dann können wir uns demokratische Entscheidungsprozesse auch sparen."
Ähnlich äußert sich Susanne Schaper (47, Linke): "Der Stadtrat ist immer noch der Souverän und nicht einfach nur ein Abnickgremium." Den Vorwurf von OB Schulze, die Räte hätten keine eigenen Sparvorschläge vorgelegt, weisen vor allem die Grünen zurück: "Wir haben bereits im Oktober letzten Jahres ein konkretes Positionspapier erarbeitet", so Fraktionschef Volkmar Zschocke (56).
Landesdirektion prüft: Reicht der Sparhaushalt?
Nach dem Haushaltsbeschluss entscheidet jetzt die Landesdirektion über die Rechtmäßigkeit des Zahlenwerks. Sven Schulze befürchtet, dass der kommunalen Aufsichtsbehörde die Sparanstrengungen nicht reichen.
"Dann werden wir uns in einigen Wochen erneut mit Konsolidierungsmaßnahmen beschäftigen müssen und stehen wieder dort, wo wir letztes Jahr im September waren."
Diese Gefahren sehen die Fraktionen auch, aber: "So geht es nicht nur Chemnitz, sondern vielen Kommunen", meint BSW-Fraktionsvize Ralf Becker. "Wir brauchen eine Neuaufteilung der Finanzen zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu Gunsten der Kommunen."