Arbeitsgericht völlig überlastet: Verfahren verzögern sich auf bis zu anderthalb Jahre
Chemnitz - Zu viel Arbeit am Landesarbeitsgericht in Chemnitz: Die Berufungsinstanz für das Arbeitsrecht bricht unter der Last der Verfahren beinahe zusammen. Schuld sind unbesetzte Richterstellen. Für Gerichtssprecher Frank Heuwerth (59) "eine Katastrophe".
Von neun Kammern sind drei unbesetzt. Der Vorsitzende von zwei Kammern ist seit einem Jahr krank, die Stelle des Vizepräsidenten frei.
Heuwerth kennt den Grund: "Altersbedingt ausscheidende Richter wurden seit 2018 nicht zeitnah ersetzt." Immerhin ließen sich zwei Richter aus Dresden und Leipzig zeitweise ans Landesarbeitsgericht in der Zwickauer Straße abordnen.
Die Folgen der Personalnot sind dramatisch. Jeden Monat kommen doppelt so viele neue Fälle dazu, wie man normalerweise bearbeiten kann. Die Laufzeiten der Verfahren verlängern sich auf eineinhalb Jahre.
Frank Heuwerth: "In meiner Kammer warten 200 Berufungs- und Beschwerdeverfahren. Eine Sache, die jetzt eingeht, wird nicht vor 2024 verhandelt." Er kümmere sich aktuell noch um Kündigungen aus dem Jahr 2020.
Zwar werde sich die Personalsituation bei Gericht demnächst entspannen, aber der Richter rechnet mit zwei Jahren, "bis hier alles wieder normal funktioniert".
Dramatische Folgen kann das vor allem für Arbeitgeber haben, sagt der Gerichtssprecher. "Wenn ein Arbeitnehmer in einem Kündigungsschutzverfahren nach eineinhalb Jahren Recht bekommt, muss der Arbeitgeber den Lohn für 18 Monate nachzahlen."
Auch Fälle mit aktueller Bedeutung - wie einer Versetzung in ferne Städte - litten unter dem Richtermangel.
Titelfoto: Ralph Kunz