Abschiebung von Robert A. bereits am heutigen Montag?
Chemnitz - Robert Azirovic (31) lebt seit 30 Jahren in Chemnitz, kam schon als Baby hierher. Plötzlich nahm die Polizei den Staatenlosen auf Antrag der Landesdirektion im Ausländeramt am Düsselsdorfer Platz fest und brachte ihn ins Abschiebegefängnis nach Dresden, Hamburger Straße. Er soll nach Serbien ausgeflogen werden. Dagegen demonstrierten am Sonntagabend rund 200 Menschen in Chemnitz.
SPD-Landtagsabgeordneter Frank Richter (64, SPD) ist empört: "Azirovic soll in ein Land abgeschoben werden, in dem er nie war."
Auch andere Politiker schimpfen: "Dieser Fall ist unlogisch und unmenschlich", so Grünen-Vorsitzende Coretta Storz (38). "Er spricht perfekt Deutsch, möchte arbeiten und engagiert sich - seit Jahresbeginn auch bei den Grünen."
Unterstützung kommt sogar von der AfD, Stadtrat Ronny Licht (47): "Der Fall zeigt, was im Asylsystem falsch läuft. Kleinkriminelle können nicht abgeschoben werden, dieser integrierte Mann soll gehen. Definitiv neu prüfen!"
Azirovics Eltern flohen 1993 im Jugoslawien-Krieg nach Holland. Dort wurde Robert geboren. Es gab keine Geburtsurkunde, alles war voller bürokratischer Hürden. Auch noch als die Roma-Familie nach Chemnitz ging.
Coretta Storz: "Er ist Chemnitzer"
Robert machte hier seinen Schulabschluss, lernte Masseur, darf aber nicht arbeiten. Weil er nur geduldet ist - seit inzwischen 30 Jahren. Freitag sollte der Asylbewerber beim Ausländeramt erscheinen, weil angeblich endlich eine Geburtsurkunde für ihn vorlag.
Coretta Storz ging als Begleitung mit: "Plötzlich standen zwei Polizisten hinter uns, nahmen ihn fest. Als er nach einem Anwalt fragte, drohten sie mit Handschellen."
Diese Umstände erregen nun viel Gemüter. Politikerin Storz: "Robert braucht keine Integration, nur eine Arbeitserlaubnis. Er ist Chemnitzer." Sachsens Flüchtlingsrat nennt die Lebensgeschichte "eine Tortur" und fordert Roberts Anerkennung als "faktischer Inländer".
Der Flüchtlingsrat startete eine Petition - bis zum Sonntag gab es mehr als 14.000 Unterstützer. Am Montag, um 17 Uhr soll vor dem Abschiebegefängnis in Dresden protestiert werden.
Nach aktuellen Informationen soll der 31-Jährige nun offenbar einen Tag eher abgeschoben werden.
"In der Nacht vom Sonntag zum Montag hat der sächsische Flüchtlingsrat die Informationen erhalten, dass Robert A. nach Frankfurt gebracht wurde und nun schon heute Mittag nach Serbien abgeschoben werden soll", teilten die Grünen am Montagmorgen mit.
Erstmeldung: 14. Juli, 19.37 Uhr, zuletzt aktualisiert: 15. Juli, 8.55 Uhr
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