Luftwärmepumpen für alle? Stromsorgen im größten Baugebiet von Chemnitz
Chemnitz - Die Energiewende der Bundesregierung endet in ... Chemnitz. Im Adelsberger Baugebiet Arno-Holz-Siedlung gibt es nicht genug Strom, um alle geplanten Einfamilienhäuser mit Wärmepumpen zu heizen. Eine Folge des künftigen Gebäude-Energiegesetzes (GEG).
Bauträger Jens Loose (54) hatte für das aktuell größte Baugebiet der Stadt (50.000 Quadratmeter) einen Plan: Je zur Hälfte sollten die 88 Häuser zwischen Georgi- und Cervantesstraße mit Erdgas und mit umweltfreundlichen Wärmepumpen beheizt werden. Doch bei Wärmepumpen für alle wird es eng.
Mit Verweis auf das neue GEG erhielt Loose einen Erschließungsvertrag mit der inetz: "Versorger inetz darf hier pro Parzelle 14 Kilowatt Strom fürs Haus, 12 Kilowatt für E-Mobile und 3 Kilowatt für Wärmepumpen liefern. Hausbesitzer dürfen keine Posten verschieben, falls sie kein E-Auto fahren."
Kürzlich hatte Eins-Chef Roland Warner (58) es noch schärfer ausgedrückt: "Das Stromnetz im Baugebiet gibt Wärmepumpen für alle nicht her", sagte er auf einer öffentlichen Veranstaltung.
Weitere Details wollte Eins auf TAG24-Nachfrage nicht nennen.
Für Wärme aus der Luft fehlt der Strom
Drei Kilowatt Strom reichen maximal für eine Erd-Wärmepumpe, weiß Loose. Die ist effektiv, aber gut 10.000 Euro teurer als eine übliche Luftwärmepumpe.
Für Wärme aus der Luft fehle hier definitiv der Strom. Die inetz habe berechnet, dass eine verstärkte Stromleitung von der Zschopauer Straße einen "zweistelligen Millionenbetrag" kostet, so Jens Loose. "Das wird niemand bezahlen."
Künftige Hausbesitzer für Erdgas erwärmen zu können, um den Stromtopf zu vergrößern, daran glaubt der Bauträger nicht.
Dafür befürchtet Jens Loose angesichts der Knappheit zeitweise Stromabschaltungen im Baugebiet: "Wir erleben Strommangel nicht nur in Chemnitz, sondern in vielen Baugebieten. Sitzen denn in Berlin keine Leute, die bei neuen Gesetzen mitdenken?"
Hühnchen statt Adler
Kommentar von Bernd Rippert
Manchmal kommt es anders, als man denkt. Das neue Gebäude-Energiegesetz (GEG) sollte der stolze Adler der Energiewende und des Klimaschutzes werden. Heraus kommt ein gerupftes Hühnchen. Schlachtreif.
Die Bundesregierung setzte auf umweltfreundliche Wärme. Dann verwässerten Ratgeber den Plan. Inzwischen gilt Holzverbrennung im GEG als erneuerbare Energie. Dabei vernebelt Holzqualm eindeutig das Klima und die Atemluft. Stadtwerke müssen anfangs kaum echte erneuerbare Energien in ihre Wärmenetze einspeisen. Es gibt zudem ständigen Hickhack, ab wann was gilt.
Jetzt geht uns noch der Strom aus. Experten hatten schon vor Jahren gewarnt, dass unsere Stromnetze nicht für ein massenhaftes Aufladen von E-Autos ausgelegt sind. Die Leitungen reichen auch für die klimafreundlichen Wärmepumpen nicht aus. Der Plan, erst die Stromverbraucher zu fördern, danach die Stromerzeugung, geht nicht auf.
Das gerupfte Hühnchen ist schlachtreif. Klimaschutzminister Robert Habeck wäre gut beraten, das GEG zu stoppen. Wir brauchen zuerst Gesetze zur Förderung von Wind- und Sonnenenergie. Am besten mit Bürgerstrom-Gesellschaften in jedem Dorf.
Titelfoto: Silas Stein/dpa, Uwe Meinhold