Was steckt hinter der Telefonzelle am Knappteich in Chemnitz?

Chemnitz - Aus der Telefonzelle in die weite Welt? Klingt nach Science-Fiction, ist aber seit vergangenem Sommer am Knappteich im Yorckgebiet in Chemnitz möglich. Dort steht eine gelbe Telefonzelle mit überraschendem Inhalt.

Thomas Lieber (47, r.) und Ralf Puschmann (62) vom Projekt "Unser Knappteich" vor der neuen Telefonzelle, die im Yorckgebiet als Fairteiler errichtet wurde.
Thomas Lieber (47, r.) und Ralf Puschmann (62) vom Projekt "Unser Knappteich" vor der neuen Telefonzelle, die im Yorckgebiet als Fairteiler errichtet wurde.  © Kristin Schmidt

Seit September 2023 steht die Zelle (Baujahr 1976) am Bürgergarten der Projektgruppe "Unser Knappteich", die den Teich seit 2014 ehrenamtlich bewirtschaftet. "Die erste Reaktion der Leute war, ob wir jetzt Festnetz bekämen", so Ralf Puschmann (62) von der Projektgruppe.

"Wir hatten die Idee, einen Fairteiler hier am Standort zu errichten", sagt Thomas Lieber (47), Projektleiter von "Unser Knappteich". Ein Fairteiler ist ein Ort, wo Menschen Lebensmittel abgeben und diese kostenlos abholen können.

Es habe sich dafür auch die Nähe zur Gartensparte "Zur Vogelweid" angeboten, da viele Gärtner überschüssiges Obst und Gemüse haben.

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Keine Telefonverbindung, aber dafür eine zur Literatur: In den vergangenen Wintermonaten entwickelte sich der Fairteller auch zur Bibliothek. Reiseführer gehören neben Romanen, Ratgebern und Sachbüchern zum Inventar. "Die Telefonzelle wird sehr gut angenommen. Viele Menschen nehmen sich Bücher mit, bestücken aber die Zelle auch wieder mit Lesestoff", sagt Lieber.

Im Frühjahr sollen dann auch wieder Lebensmittel dazukommen. Die Telefonzelle stammt vom "Karree 72", einem Gartenprojekt auf der Reinhardtstraße.

Von Bürgern für Bürger

Kommentar von Sebastian Gogol

TAG24-Redakteur Sebastian Gogol hat Kindsheits-Erinnerungen an den Knappteich.
TAG24-Redakteur Sebastian Gogol hat Kindsheits-Erinnerungen an den Knappteich.  © Kristin Schmidt

Ich kenne den Knappteich im Yorckgebiet noch aus meiner Schulzeit. Damals war das Gewässer, das wir Knirpse "Ententeich" nannten, sehr schmutzig, quasi ein grüner Sumpf. Das andere Übel war der Gestank, der sich im Umfeld des einstigen Erholungsortes ausbreitete. Müll und Zerstörung gesellten sich dazu.

Mit dem Projekt "Unser Knappteich" sind diese Zeiten zum Glück vorbei.

Die Ehrenamtlichen haben in zehn Jahren das Gebiet zu einer wahren Wohlfühloase entwickelt. Ein Bürgergarten, die "essbare Stadt", der Bootssteg, der saubere und klare Teich und seit vergangenem Jahr die literarische Telefonzelle mit Verpflegung. Dazu gibt es Events und Workshops rund um den Teich.

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Hier wurde nicht abgewartet, bis sich alles zum Schlechten wendet, sondern aktiv gehandelt. Es ist die passende Antwort auf die Frage, wie Menschen ihre Umgebung aufwerten können.

Bei meinem letzten Besuch musste ich mir erst mal die Augen reiben: Ich habe den "Ententeich" nicht mehr wiedererkannt. Und das im positiven Sinne!

Titelfoto: Kristin Schmidt

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