Pflege-Alarm! Krankenschwester aus Chemnitz warnt vor einer Katastrophe
Chemnitz - Deutschlands Alten- und Krankenpflege versinkt im Chaos. Diese These vertritt eine Chemnitzerin, die es wissen muss: Monja Schünemann (52), Mitarbeiterin an der TU Chemnitz, schrieb sich ihren Frust in einem Buch von der Seele. "Der Pflege-Tsunami" heißt es.
Monja Schünemann ist Medizin-Historikerin an der Professur für Europäische Geschichte und gelernte Fachkrankenschwester. "Ich war einst angetreten, einen sinnvollen Beruf zu ergreifen", sagt die gebürtige Berlinerin. "Übrig bleibt in Pflegeheimen eine Abfertigung wie von Billig-Schweinehälften."
Schon in den 1960er-Jahren sei Pflege überfordert gewesen. "Danach kamen Privatisierung, dreimal so viele Patienten und eine viel intensivere Medizin. Jeder Patient wird heute schlechter versorgt. Auch Privatversicherte."
Laut einer Studie der Barmer Ersatzkasse fehlten bis 2030 rund 180.000 Pflegekräfte - "im Verhältnis zum heutigen desaströsen Pflegeschlüssel", sagt Monja Schünemann.
Die Zahl der Demenzkranken soll in der Zeit um 40 Prozent steigen.
Chemnitzer Krankenschwester: "Der Staat schiebt Pflege ab ins Private"
In ihrem Buch warnt die Chemnitzerin davor, dass Politik und Gesellschaft bei diesem Problem wegsähen: "Irgendwann gibt es nicht mehr genug Pflegeplätze, weil eine alternde Gesellschaft, höhere Lebenserwartung und ein epochaler Fachkräftemangel aufeinandertreffen. Immer mehr Frauen werden dann ihren Beruf aufgeben oder schleifen lassen, um Angehörige zu pflegen."
Denn, das weiß die Medizin-Historikerin: "Vor allem Frauen fühlen sich und werden zu diesem Liebesdienst verpflichtet. Der Staat schiebt Pflege ab ins Private. Das kann ganz schnell zu Familienbildern wie in den 1950er-Jahren führen, sogar zu Kinderarbeit."
Monja Schünemann zeigt im Buch "Der Pflege-Tsunami" (Edel-Verlag) auch Wege auf wie Telenursing, digitale Pflege oder kommunale Pflegeanleiter.
Doch nach dem Buch hat sie erst mal die Nase voll vom Thema: "Ich freue mich, mich wieder dem Mittelalter zuwenden zu können."
Titelfoto: Kristin Schmidt