Neues Jahr, alte Sorgen: Chemnitzer Fahrlehrer im Schlagloch-Stress
Chemnitz - Kaum geht der Winter zu Ende, sehen die Chemnitzer Straßen wieder aus wie eine Kraterlandschaft. Loch an Loch - besonders gefährlich für Zweiradfahrer. Scharfe Kritik an den Kontrollen der Stadt übt Fahrlehrer Mathias Hetzel (56, Fahrschule Andréplatz): "Bikern und Radfahrern droht Lebensgefahr."
Im Vorjahr brauchten die Flick-Kolonnen 350 Tonnen Mischgut für die Löcher.
Derzeit würden nur die schlimmsten Löcher mit Kaltmischgut gestopft, Heißmischgut könne wohl ab der zweiten Märzwoche zum Einsatz kommen.
Die Flickarbeiten könnten sich bis Mai hinziehen. Kosten: rund 500.000 Euro.
Unterschiede bei der Gefahrenprognose für Autos oder Motorräder macht die Stadt nicht. Kontrollfahrten auf zwei Rädern auch nicht.
Genau das wirft Mathias Hetzel der Verwaltung vor: "Ein Loch ist für Autofahrer unangenehm. Für den Biker kann es die letzte Tour sein. Die Nicht-Unterscheidung ist eine klare Benachteiligung der Zweiradfahrer."
Spezielle Gefahr für Zweiräder
Zumal Radler noch ein zweites Risiko eingehen, weiß der Fahrlehrer: "Wenn sie einem Loch plötzlich ausweichen, können sie direkt vor ein überholendes Auto geraten."
Spezielle Gefahr für Zweiräder sieht auch CDU-Stadtrat Michael Specht (36): "Es gibt immer wieder tiefe Krater, die schlecht erkennbar sind, zum Beispiel aktuell auf der Theaterstraße. Das muss schnell entschärft werden. Wenn Zweiräder in Gefahr geraten, auch sofort."
Der Politiker rät zu einem Schlagloch-Management: "Meldungen sollten einfach möglich sein, per Internet oder App. Dann kann die Stadt priorisieren und schnell handeln."
Smarte Helfer
Kommentar von Robert Preuße
Als ich am Freitag Auto gefahren bin, ist es auch mir aufgefallen - so wie zahllosen anderen Pkw- und Fahrradfahrern auf Chemnitzer Straßen: Hier und dort ruckelt es und man entdeckt Schlaglöcher in der Fahrbahn, wo vorher keine waren. Wie so oft, wenn der Winter müde wird.
Hoffentlich wird die Stadt in absehbarer Zeit alle Schlaglöcher wieder gestopft haben. Genauso dringlich ist Michael Spechts Vorschlag einer App, in der User anderen Benutzern mitteilen können, wo sich gerade ein Schlagloch in den Chemnitzer Straßen aufgetan hat. Die Daten können gesammelt werden und Fahrern und Fahrerinnen helfen, an welchen Stellen sie besonders vorsichtig sein müssen.
Es gibt heute Apps für alles Mögliche: Blitzer-Apps, Apps für Routen, wenn man im Ausland unterwegs ist, sowie für Restaurantbesuche, Zimmervermietungen und Datingportale. Eine noch bessere Möglichkeit wäre eine Anwendung, wo alle aktuellen Missstände gesammelt würden, die den Straßenverkehr beeinträchtigen könnten: defekte Straßenlampen und Uhren, die stehen geblieben sind, herausgebrochene Pflastersteine, beschmierte Blitzer - und eben Schlaglöcher.
Es würde die Sicherheit vergrößern, außerdem würde es den Gemeinsinn und die gegenseitige Rücksichtnahme der Verkehrsteilnehmer untereinander stärken. Und wenn die Erstellung jener App von der Stadtverwaltung in Auftrag gegeben würde, dann würde dies auch Bürgernähe demonstrieren. Denn eines ist sicher: Der nächste Winter kommt bestimmt.
Titelfoto: Kristin Schmidt