Nachfahren von Holocaust-Opfern besuchen Chemnitz

Chemnitz - Die jüdischen Vorfahren von Hannah Allen (45) und William Godwin (42) hatten in Chemnitz gewirkt - mussten jedoch fliehen und wurden schließlich von den Nationalsozialisten ermordet. Nun waren sie in der Stadt auf Spurensuche.

William Godwin (42, v.r.) und Hannah Allen (45) waren Mittwoch mit Stadtmitarbeiterin Cornelia Siegel (43) unterwegs. Im Gebäudekomplex des ehemaligen Kaufhofs war die Adler-Apotheke von Urgroßvater Kurt Magen.
William Godwin (42, v.r.) und Hannah Allen (45) waren Mittwoch mit Stadtmitarbeiterin Cornelia Siegel (43) unterwegs. Im Gebäudekomplex des ehemaligen Kaufhofs war die Adler-Apotheke von Urgroßvater Kurt Magen.  © Uwe Meinhold

Für die beiden Engländer war es das erste Mal, dass sie nach Chemnitz gekommen sind.

Als sie erfuhren, dass in der Schumannstraße - vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Magen - an ihre Vorfahren mittels Stolpersteinen gedacht wurde, fassten sie den Entschluss, nach Chemnitz zu kommen.

Am Mittwoch hatten sie die Steine ihrer Vorfahren gesäubert. William findet das Konzept grandios:

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"Es ist so leicht, nicht über Geschichte zu stolpern", schildert William. Daher seien die Steine eine gute Methode des Gedenkens. "Stolpern ist kein Akt der Missachtung, sondern ein Akt des Engagements", so William weiter.

Die Holocaust-Überlebende Annelies Magen (1920-1998) mit Enkel William.
Die Holocaust-Überlebende Annelies Magen (1920-1998) mit Enkel William.  © Uwe Meinhold
Laut Historiker Jürgen Nitsche (67) besteht großes Interesse von Nachfahren von Holocaust-Überlebenden, die Geschichte ihrer Vorfahren zu erforschen.
Laut Historiker Jürgen Nitsche (67) besteht großes Interesse von Nachfahren von Holocaust-Überlebenden, die Geschichte ihrer Vorfahren zu erforschen.  © Kristin Schmidt

Es gibt bereits über 330 Stolpersteine in Chemnitz

Die Familie Magen (rechts: Kurt Magen) in früheren Zeiten.
Die Familie Magen (rechts: Kurt Magen) in früheren Zeiten.  © Uwe Meinhold

Der Urgroßvater von Hannah und William war Kurt Magen (1882-1942). Er zog mit seiner Frau Erna (1898-1943) 1920 nach Chemnitz und übernahm die dortige Adler-Apotheke in der Innenstadt.

Kurt Magen starb 1942 im Dresdner Polizeigefängnis. Erna Magen und ihre Tochter Stephanie (1925-1943) wurden nach Auschwitz deportiert und kamen dort ums Leben.

Sohn Claus (1923-1942) wurde im Vernichtungslager ermordet. Einzig Großmutter Annelies (1920-1998) konnte nach England fliehen.

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Laut Historiker Jürgen Nitsche (67) gibt es bereits über 330 Stolpersteine in Chemnitz.

In der Schumannstraße gedenken fünf Stolpersteine der Familie Magen.
In der Schumannstraße gedenken fünf Stolpersteine der Familie Magen.  © Uwe Meinhold

Das Engagement von Hannah und William ist ein deutliches Signal: "Es zeigt, dass die Nachfahren immer noch großes Interesse an der Aufklärung des Schicksals ihrer Vorfahren haben", so Nitsche. Hannah und Allen reisen am Freitag wieder ab - und wollen Chemnitz auf jeden Fall wieder besuchen.

Titelfoto: Uwe Meinhold

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