Nach tödlichem Zug-Unfall in Chemnitz: Polizei verstärkt Warn-Aktionen
Chemnitz - Vorigen Donnerstag starb ein Schüler (17) am Bahnhaltepunkt Wittgensdorf in Chemnitz. Er war über die Gleise gelaufen, hatte angeblich Kopfhörer auf. Auch für die Bundespolizei ein grauenvolles Ereignis. Um künftige Unfälle zu vermeiden, steigert die Behörde nun ihre Präventionsmaßnahmen.
Der Unfall passierte an einem Trampelpfad zwischen Neubaugebiet und Gartenanlage/Freibad. Dazwischen verlaufen die Gleise.
Dort hing Polizeioberkommissar Michael Kurschat (45) am Dienstag wieder Warn-Plakate "Tödliche Abkürzung" auf, kündigte vermehrt Streifen an: "Züge nähern sich leise. MRB und Güterzüge rauschen mit 80 km/h durch."
Polizeisprecherin Anett Bochmann (39) warnt vor dem Durchqueren geschlossener Schranken, um Bus oder Bahn zu erreichen, und vor dem Spielen am Gleis: "Schnelle Züge haben eine starke Sogwirkung. Unser Appell lautet: Bleibt weg von den Gleisen!"
Präventionsbeauftragter Kurschat besucht regelmäßig Schulen, erklärt, dass Lokführer immer wieder Notbremsungen einlegen müssen. Gefährlich ist auch der Haltepunkt Borna, der von vielen Schülern genutzt wird.
Waldorfschule startet Verschönerungsaktion für Fußgänger-Tunnel
Um Kindern die Nutzung des Tunnels unter den Gleisen zu erleichtern, startete die Klasse 7c der nahen Waldorfschule eine Verschönerungsaktion.
Lehrerin Susanne Lasch (50): "Die Sicherheit an Gleisen ist regelmäßig Thema. Damit niemand Angst hat vor der Unterführung, haben wir den Tunnel geputzt und gefegt. Jetzt bringen wir in Abstimmung mit der Bahn freundliche Graffiti an."
Anett Bochmann ist zufrieden: "Eine gute Aktion der Waldorfschule. Auch sie erhöht die Sicherheit."
Gleise sind kein Spielplatz!
Kommentar von Bernd Rippert
Immer wieder erleben Lokführer das gleiche Drama. Plötzlich taucht ein Mensch vor ihnen auf den Gleisen auf. Manchmal können sie rechtzeitig bremsen, oft nicht. Bei vielen Gleisgängern handelt es sich um Suizide. Aber auch unachtsame Passanten oder spielende Kinder sorgen immer wieder für lebensgefährliche Situationen.
In Wittgensdorf ist jetzt wieder ein junger Mensch gestorben, weil er das Gleis überquert und den nahenden Zug nicht gehört hat. Vier weitere Katastrophen konnten Lokführer allein in diesem Jahr mit einer Vollbremsung an derselben Stelle verhindern.
Aber es sind nicht nur die Erwachsenen, die Bahngleise als Abkürzung nutzen und sich damit in Gefahr bringen. Immer wieder ermahnt die Bundespolizei auch spielende Kinder am Bahnsteig, das Toben nicht zu übertreiben. Ganz krass: Manchmal sitzen Kinder an den Bahngleisen und lassen die Beine baumeln. Nicht auszudenken, wenn sie die Füße nicht schnell genug nach oben bekommen.
Die Bahn ist schon heute neben dem Flugzeug das sicherste Verkehrsmittel. Mit ein wenig Nachhilfe können wir alle es noch sicherer machen.
Titelfoto: Maik Börner