Nach Abschiebe-Drama in Chemnitz: Erfolg ist Azirovics Anwalt zu verdanken
Chemnitz - Eine überraschende Doppel-Wendung gab es im Fall des Chemnitzers Robert Azirovic (31). Erst wollte ihn das Land am Dienstag in ein - für ihn - fremdes Land abschieben. Montagfrüh Wendung Nummer 1: Abschiebung noch heute! Kurz vor Abflug dann Wendung Nummer 2: Innenminister Armin Schuster (63, CDU) stoppte das Verfahren.
Also raus aus dem Frankfurter Flughafen, rein ins Polizeiauto, Rückfahrt nach Chemnitz.
Um 10.40 Uhr hatte der Innenminister angerufen. Eine Stunde später wäre der Flieger der polnischen Gesellschaft LOT mit Robert Azirovic nach Belgrad gestartet. Dorthin wollte das Land den staatenlosen Chemnitzer abschieben, weil seine Roma-Familie 1993 aus Jugoslawien geflüchtet war.
Bei Unterstützern des Chemnitzers fielen Tonnen von der Seele. Grünen-Vorsitzende Coretta Storz (38) hatte am Vorabend die Demo "Robert bleibt!" am Chemnitzer Wall organisiert und mit dem Flüchtlingsrat alle Hebel in Bewegung gesetzt.
Sie atmete tief durch: "Wir haben Zeit gewonnen, um eine Lebensperspektive für unser Mitglied zu erreichen."
Glücklich ist auch SPD-Landtagsabgeordneter Frank Richter (64). Er hatte sich massiv für den Chemnitzer eingesetzt und nannte die Ministerentscheidung die "einzig logische Folge nach den Demonstrationen".
Ulrich Tronczik: "Entscheidungen der Härtefallkommission sind ein Gnadenakt"
Der Kopf hinter dem Erfolg ist Azirovics Anwalt Ulrich Tronczik (68) aus Leipzig. Er war auf dem Weg in den Urlaub, als ihn Richter alarmierte.
Tronczik rief die Härtefallkommission des Landes an, überzeugte sie, den Fall zu prüfen. "Ein Zeitraum von 30 Jahren in einem Land sollten bei der Entscheidung zu denken geben. Ich nutzte das Wochenende zum Studium von Gesetzestexten, versorgte die Kommissionsmitglieder mit Informationen und freue mich, dass sie durchschlugen."
Tronczik hofft, dass der Staat in dem Einzelfall "Größe zeigt", weiß aber auch: "Entscheidungen der Härtefallkommission sind ein Gnadenakt."
Am Abend sollte Robert Azirovic an einer erneuten Demo für ihn vor der Staatskanzlei in Dresden teilnehmen.
Titelfoto: privat