Mit "Kickstart" durch den Schnee: So schlägt sich der Leih-E-Roller im Chemnitzer Winter
Chemnitz - Etwas schutzlos fühlen wir uns schon, mein geliehener Elektroroller und ich. Zumindest, als wir an der roten Ampel der Hauptverkehrskreuzung am Nischel stehen. Blick über die Schulter: Zu dem Posttransporter, der sich hinter mir eingereiht hat, gesellt sich ein Omnibus. Danach ist die Sicht versperrt. Die Ampel schaltet gleich um - jetzt bloß nicht den Start verpatzen. Grünes Licht für den TAG24-Test.
Circa 200 mintgrüne E-Scooter können seit Jahresanfang im Chemnitzer Stadtgebiet geliehen werden (TAG24 berichtete).
"Nach unserem Start in Dresden war Chemnitz nun die nächste Stadt in Sachsen, in der wir unseren E-Scooter-Service anbieten wollten", so "TIER"-Sprecher David Krebs (31).
Das Ausleihen funktioniert per "TIER"-App auf dem Smartphone. Ich lade die Software, gebe Name und E-Mail-Adresse ein. Und stoße auf die erste Schwierigkeit: Als Zahlmittel, das ich vorher hinterlegen muss, kommen nur Paypal oder Kreditkarte infrage.
E-Roller werden auf einer Karte (ähnlich wie bei Google Maps) angezeigt. Beim nächsten Scooter angekommen, muss ich nur noch seinen QR-Code scannen und die Fahrt kann fast losgehen.
Erst braucht es einen "Kickstart". Wobei der Name Programm ist: Ich muss den Roller anschubsen, bevor ich den "Gas"-Knopf am rechten Hebel betätigen kann. Blitzschnell erreicht er seine Maximalgeschwindigkeit von 20 Kilometern pro Stunde.
Kosten: Pro Minute 19 Cent, dazu 1 Euro für Aktivierung
Leider ist die Bremsung ebenso abrupt. Der Verleiher wirbt damit, dass diese Generation "TIER"-Roller eine "verbesserte Bremsleistung" besäße und auch "mit rutschigem Untergrund noch besser zurecht" käme. Na, das wollen wir mal sehen.
Auf dem Platz vor der Oper in Chemnitz liegt noch Schnee. Ich fahre in geraden Linien von verschiedenen Seiten hindurch. Kein Problem, den rund 25 Zentimetern großen Reifen, 30 Kilogramm Gesamtgewicht und 700 Watt Hinterrad-Antrieb sei Dank.
Problematisch wird es, als ich wieder die Treppe vor dem Theaterplatz hoch will. Das Fahrzeug lässt sich nur mit großer Anstrengung tragen. Ich benutze lieber den Aufzug, bevor es wieder auf die Straße geht.
Nach einer Stunde und circa vier Kilometern Fahrt zeigt die App noch 17 Kilometer Reichweite. Ebenfalls positiv: Eine Steigung von circa 30 Grad packte der Elektro-Roller mühelos.
Gegen Ende will ich gar nicht mehr runter von dem Ding. Aber die Uhr tickt. Pro Minute zahle ich 19 Cent, dazu 1 Euro für die Aktivierung. Rund zwölf Euro also. Deutlich teurer als ein Bus-Ticket. Dafür ohne zu warten oder umzusteigen. Dazu muss man sagen, dass ich ziemlich bummelte.
Die Strecke hätte sich auch in der Hälfte der Zeit meistern lassen. Aber das hätte nur halb so viel Spaß gemacht.
Titelfoto: Kristin Schmidt