Lockdown verursacht Trennungswelle: Single-Wohnungen plötzlich gefragt
Chemnitz - Beziehungs-Aus im Lockdown! Immer mehr Paare trennen sich in der Corona-Krise, weil sie sich dank Ausgangssperre, Home-Office und Home-Schooling auf die Nerven gehen. Die Wohnungsgesellschaft CAWG erlebt "einen Wahnsinnsansturm auf fertige, möblierte Wohnungen", so ihr Sprecher Daniel Pfaff (43): "Trennungen scheinen zuzunehmen."
Fränzi Andreas (27) aus Chemnitz hat es gerade am eigenen Leib erlebt: "Vor einem Jahr zog ich mit meinem Freund zusammen. Im Sommer, als wir viel unternehmen konnten, lief alles super. Im Winter drehte sich das, im Februar sollte ich gehen." Die Anlagenbedienerin ist sich sicher, dass auch Corona ihre Liebe zerstört hat.
"Er im Home-Office, ich wegen eines Unfalls zu Hause - wir kamen kaum noch raus und waren zum Nichtstun verdammt." Fränzi Andreas suchte sich eine Wohnung am Sonnenberg.
"Das ist ein Trend", sagt auch Familienanwältin Katrin Alznauer. "Das 24/7-Aufeinanderhocken, Existenzängste, da merken mehr Paare, dass sie doch nicht so gut zusammenpassen."
Wohnungsgesellschaften sind nach Trennungen oft die erste Anlaufstelle. Das bestätigt Christian Walther (34) von der Chemnitzer Siedlungsgemeinschaft: "Die Nachfrage nach kleinen Single-Wohnungen nimmt zu."
Oft müssen Frauen vor gewalttätigen Männern flüchten. Die Frauenschutzeinrichtung Zwickau ist seit dem ersten Lockdown ausgebucht, Sindy Lohberg, Landesarbeitsgemeinschaft "Gewaltfreies Zuhause" erlebte in der Corona-Krise "einen schlagartigen Anstieg der Beratungen". Sie ahnt: "Das enge Zusammenleben verschärft die Konflikte."
Wenn Viren die Liebe töten
Kommentar von Bernd Rippert
Corona - ein Virus tötet nicht nur Menschenleben (Stand heute: circa 80.000), sondern auch menschliche Beziehungen. Diese traurige Wahrheit setzt sich immer mehr durch. Schon lange warnen Fachleute vor zunehmender Misshandlungs-Gefahr für Kinder, die nicht in der Schule, sondern zu Hause sitzen. Das gilt ebenso für Frauen, die ihren gewalttätigen Männern im Lockdown kaum noch ausweichen können.
Auch die Fälle von Depressionen nehmen in der Krise zu. Jetzt wird zudem deutlich, dass das Coronavirus offenbar auch die Liebe angreift und die Zahl der Trennungen explodieren lässt. Bislang galten Urlaub und Weihnachten, wenn Paare "zwangsweise" über längeren Zeitraum zusammen sind, als Hoch-Zeiten der Scheidungsanwälte. Dank Lockdown, Home-Office, Home-Schooling und Kurzarbeit kommen viele Menschen gar nicht mehr raus. Und stellen fest: Der/die gewählte Partner*in ist doch nicht so toll wie gedacht.
Wenn die Corona-Krise irgendwann einmal endet, werden wir als Gesellschaft viel aufzuräumen haben. Im Berufsleben wie privat.
Titelfoto: Sven Gleisberg, 123RF/Michal Bednarek