Ladensterben auf Chemnitzer Boulevard: Von wegen Brühl-Aufschwung!
Chemnitz - Der Chemnitzer Brühl, die Bummel-Promenade der DDR, sollte ab 2018 wieder aufleben. Sanierte Häuser und neue Läden sorgten für einen kurzen Frühling, der jetzt im November 2022 offenbar vorbei ist. Gleich drei Läden schließen zum Jahresende, eine Wackelkandidatin hofft noch.
Ab 2008 sanierte die GGG den Boulevard. Jetzt droht Stillstand. Ende 2022 schließt der Tortenladen "Einzelstücke".
Inhaberin Janette Graf (31): "Eigentlich wollte ich mich vergrößern. Aber dann kamen Corona und die Lockdowns. Nun kann ich die Kosten nicht mehr tragen."
Sie hoffe noch auf einen Käufer und auf neuen Schwung am Brühl. "Dazu bräuchte der Boulevard einen Kundenmagneten."
Schließen müssen auch der Outdoor-Laden "Giron Adventures" und der Friseursalon "Pauls" - Letzterer aus Altersgründen.
Inhaberin Bärbel Steiner: "Ich suche seit anderthalb Jahren einen Nachfolger. Doch alle springen ab. Die Entwicklung ist ein Rückschlag. Ich sage: Wir brauchen einen Frequenzbringer und Laufkundschaft auf dem Brühl."
Immobilien-Experte Lars Fassmann (43) plädiert für eine Erschließung aller Erdgeschossflächen, Guido Günther (42) von "Rebel Art" hofft auf mehr Gastronomie und mehr Studenten.
Hoffentlich rechtzeitig für den "Unverpacktladen" - Tina Bernecker (38) ist ebenfalls nicht zufrieden mit den Geschäften: "Der Brühl ist leider sehr wenig belebt."
"Der Brühl muss einfach noch einladender werden"
Kommentar von Bernd Rippert
Wann wart Ihr das letzte Mal auf dem Chemnitzer Brühl? Wenn Ihr Euch nicht so genau erinnert, geht es Euch wie den meisten Chemnitzern. Bei vielen ist der Besuch verdammt lang her. Darum leidet der einstige Prachtboulevard unter Kundenmangel.
Wie oft starteten die Initiativen schon die Wiederbelebung des Brühls? Die Finger einer Hand reichen wohl nicht für die Aufzählung.
Zuletzt sah es richtig gut aus. Die meisten Häuser saniert, neue Läden eingezogen, neugierige Besucher kamen vorbei. Doch der Neuigkeitseffekt ist größtenteils verpufft. Der Brühl wirkt oft wie ausgestorben. Erste Läden schließen wieder.
Doch eine Rettung des Boulevards ist noch möglich. Es braucht noch nicht einmal ein gänzlich neues Konzept, sondern nur kleine Veränderungen.
Ich finde, ein Frequenzbringer muss her. Ein Laden, der aus sich selbst heraus genug Kunden anlockt und die Umgebung gleich mit belebt. Wir brauchen eine kleine Kneipenmeile. Drei, vier Gaststätten mit Außengastronomie, damit sich ein Abendbummel lohnt.
Der Brühl muss einfach noch einladender werden. Das ist möglich!
Titelfoto: Kristin Schmidt