Krasse Durchfallquote am Wirtschaftsgymnasium in Chemnitz: Schüler rasseln durchs Abi

Chemnitz - Dieser Sommer fühlt sich für viele Schüler wie ein trister November an. Am Wirtschaftsgymnasium in Chemnitz rasselten 20 von 65 Schülern durchs Abitur.

Sauer auf ihr Wirtschaftsgymnasium: Clarissa Goldmann (20) rasselte durchs Abitur - mit 19 weiteren Schülern.
Sauer auf ihr Wirtschaftsgymnasium: Clarissa Goldmann (20) rasselte durchs Abitur - mit 19 weiteren Schülern.  © Ralph Kunz

Eine Horror-Durchfallquote von 30,8 Prozent. Dazu gehört Clarissa Goldmann (20). Sie ist angefressen: "Schuljahr zu kurz, Aufgaben zu schwer, Prüfungszeit zu gering."

Schon im Vorjahr verzeichnete das Wirtschaftsgymnasium (WG) am Beruflichen Schulzentrum II in der Kanzlerstraße eine katastrophale Durchfallquote von 20 Prozent. Dieses Jahr mussten noch mehr Schüler leiden - fast jeder Dritte fiel durch die Prüfung.

Clemens Arndt (47), Sprecher des Landesamts für Schule, vermutet zwei Gründe: "Volks- und Betriebswirtschaft mit Rechnungswesen ist sehr anspruchsvoll."

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Zudem seien Prüfungsvereinfachungen aus Corona-Tagen weggefallen.

Clemens Arndt (47, Landesamt für Schule) sieht hohe Anforderungen im Wirtschaftsfach.
Clemens Arndt (47, Landesamt für Schule) sieht hohe Anforderungen im Wirtschaftsfach.  © Maik Börner

"Die Ergebnisse sind erschreckend"

Kreiselternratsvorsitzender Thomas Brewig (57) fordert eine Prüfung der Abi-Prüfungen.
Kreiselternratsvorsitzender Thomas Brewig (57) fordert eine Prüfung der Abi-Prüfungen.  © Uwe Meinhold

Kreiselternratssprecher Thomas Brewig (57) sagt deutlich: "Die Ergebnisse sind erschreckend. Natürlich muss man prüfen, wie hoch der Unterrichtsausfall war. Zudem legen sie mögliche Lücken im Unterricht offen."

Für Clarissa Goldmann kratzt das Ergebnis am Ego: "Das Fach Wirtschaft/Rechnungswesen war komplex und voll Theorie. Viereinhalb Stunden Prüfungszeit waren viel zu knapp. Auch bei Mathematik."

Clarissa hat die Nase voll: "Jetzt stecke ich schon drei Jahre in der Schule und muss noch ein Jahr wiederholen."

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Im Gegensatz zum WG (Slogan: "Die Chance für Deine Zukunft") bestanden an staatlichen Gymnasien in Chemnitz (1. Bildungsweg) 474 von 486 Schülern das Abitur. Quote: 97,6.

Gründlich aufarbeiten: Kommentar von Bernd Rippert

Alle Schüler müssen gleich behandelt werden. Ein Satz, der mir einleuchtet. Dem Landesamt für Schule und Bildung sowie dem Chemnitzer Wirtschaftsgymnasium aber offenbar nicht.

97,6 Prozent aller Abiturienten an sieben staatlichen Gymnasien in Chemnitz schafften das diesjährige Abitur. Also fast alle. Nicht so am Wirtschaftsgymnasium auf dem Kaßberg. Hier bewältigten nur 69,2 Prozent der Schüler die Abiprüfungen. Fast ein Drittel der Prüflinge fiel durch.

Wenn wir davon ausgehen, dass Wirtschaftsgymnasiasten nicht dümmer sind als Abiturienten am - sagen wir - André-Gymnasium, dann muss in der Kanzlerstraße etwas furchtbar schiefgegangen sein.

Und damit meine ich nicht die Schüler, sondern die Schule. Elternvertreter fordern zu Recht eine Prüfung des Unterrichtsausfalls und der Unterrichtsinhalte. Die Gründe für das Prüfungsversagen sind zügig aufzuarbeiten.

Und sollte die Prüfung Versäumnisse der Schule zutage fördern, müssen Schule und Schüler einen Weg finden, um die Prüfung zügig und angemessen zu wiederholen.

Titelfoto: Ralph Kunz

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