Kasse verweigert Rückflug: Schwer kranke Sächsin im Paradies gefangen!

Chemnitz - Für die Chemnitzerin Nicola Pape (55) wurde der Traumurlaub auf Bali zum Horrortrip. Eine schwere Covid-Erkrankung suchte die 55-Jährige heim, die obendrein an Multipler Sklerose erkrankt ist. Doch der Rückflug zögert sich immer weiter hinaus.

Der Traum vom Mutter-Tochter-Urlaub auf Bali wurde für eine Chemnitzerin zum Albtraum.
Der Traum vom Mutter-Tochter-Urlaub auf Bali wurde für eine Chemnitzerin zum Albtraum.  © 123rf/justinchanwonder

Die Erkrankung ist nun schon sechs Wochen her - seitdem harrt sie schwer krank in Asien aus und kämpft bei ihrer Versicherung um eine medizinische Rückführung nach Deutschland.

Eigentlich sollte die indonesische Insel zum freudigen Ort des Wiedersehens mit der Tochter nach ihrem Auslandssemester werden. Dieses Glück hielt nicht lange: "Meine Mutter bekam plötzlich Schmerzen und Fieber", erzählt Lisa Pape (28).

Die Situation spitzte sich zu, bald konnte sie kaum stehen, auf jedes gesprochene Wort folgten Hustenkrämpfe und Atemnot. In einem nahe gelegenen Krankenhaus wurde sie mit Sauerstoff versorgt. Doch ihr Zustand verbesserte sich in der desolaten Einrichtung kaum.

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Das Leitungswasser verebbte immer wieder, es gab kein Desinfektionsmittel und es war schmutzig, wie Handyfotos zeigen. Auf eigene Faust entschloss sich Tochter Lisa, Mutter Nicola ins benachbarte Malaysia zu bringen, wo sie ein besseres Krankenhaus ausfindig gemacht hatte.

Der zweistündige Kurzstreckenflug zeigte, warum ein spezieller, medizinischer Rückflug unabdingbar ist: Als der Luftdruck im Flieger stieg, versagte bei Nicola Pape die Atmung. "Es war der pure Horror. Meine Mutter dachte, sie stirbt."

Mittlerweile hängt die Tochter pausenlos am Hörer, um die Mutter nach Deutschland zurückzubekommen.
Mittlerweile hängt die Tochter pausenlos am Hörer, um die Mutter nach Deutschland zurückzubekommen.  © privat

Bei Nicola Pape schwindet immer mehr die Kraft

Zwischenzeitlich nach Malaysia verfrachtet, kämpfte Nicola Pape in einem dortigen Krankenhaus gegen ihre schwere Erkrankung.
Zwischenzeitlich nach Malaysia verfrachtet, kämpfte Nicola Pape in einem dortigen Krankenhaus gegen ihre schwere Erkrankung.  © privat

Trotz Versicherungspolice mit Krankenrücktransport und Ärztlichen Empfehlungen blockiere die Hanse Merkur die teure Spezialreise, so Lisa Papes Vorwurf. Sie startete nun auch eine Petition auf weact.campact.de und fordert öffentlich die Hanse-Merkur auf, ihrer Mutter zu helfen.

Hanse-Merkur-Sprecher Lars Wöhrmann entgegnet auf TAG24-Nachfrage, dass weitere Untersuchungen vorgeschlagen wurden: "Gerade aufgrund der Vorkommnisse des ersten Fluges wollen und müssen wir sichergehen, dass bei längerer Flugdauer keine weiteren Komplikationen auftreten."

Sofern medizinisch notwendig, würde man "selbstverständlich alles in die Wege leiten, um Frau Pape sicher zurück nach Deutschland zu bringen - wenn erforderlich, auch mit einem sogenannten Ambulanzflug". Wenn erforderlich: Denn billig ist ein solcher nicht. Das Angebot der Deutschen Auslandsrückholung für den Transport eines Covid-Patienten vom malaysischen Johor Bahru nach Frankfurt liegt bei mehr als 218.000 Euro.

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Die Zeit drängt: "Ich habe keine Kraft mehr", sagt Nicola Pape, die mittlerweile völlig allein in einer angemieteten Wohnung in Johor Bahru liegt. Immer noch packt sie das Fieber, das Atmen fällt schwer und das Sprechen noch schwerer.

Versicherungs-Sprecher Wöhrmann versprach am Donnerstag: "Uns ist an einer zügigen Lösungsfindung - im Sinne von Frau Pape - gelegen."

In einem Krankenhaus wurde die 55-Jährige mit Sauerstoff versorgt.
In einem Krankenhaus wurde die 55-Jährige mit Sauerstoff versorgt.  © privat
Auf der indonesischen Insel fielen sich Nicola Pape (55) und Tochter Lisa (28) nach einem halben Jahr endlich wieder in die Arme.
Auf der indonesischen Insel fielen sich Nicola Pape (55) und Tochter Lisa (28) nach einem halben Jahr endlich wieder in die Arme.  © privat

Was tun im Ernstfall? Dazu raten Experten

Manchmal ist die Lage nicht so aussichtslos, wie sie scheint. Verbraucherschutz-Expertin Claudia Neumerkel gibt Versicherten ein paar nützliche Tipps.
Manchmal ist die Lage nicht so aussichtslos, wie sie scheint. Verbraucherschutz-Expertin Claudia Neumerkel gibt Versicherten ein paar nützliche Tipps.  © Verbraucherzentrale Sachsen

Auseinandersetzungen zwischen Versicherungen und Versicherten sind bei der Sächsischen Verbraucherzentrale Alltag. Aber: "So einen Fall wie den von Frau Pape hatten wir noch nicht", sagt Expertin Claudia Neumerkel.

Eine juristische Ferndiagnose sei schwierig, grundsätzlich gibt die Verbraucherschützerin aber Tipps an die Hand. So sollte der erste Weg immer zur gesetzlichen Versicherung führen.

Manchmal ließe sich dort noch etwas machen: "Auch wenn das gegebenenfalls bedeutet, dass Bürger in einen höheren Tarif rutschen." Drängt beim Streit mit der privaten Versicherung die Zeit, empfiehlt Neumerkel, ein zivilrechtliches Eilverfahren als Ultima Ratio anzustreben.

Traurig, aber wahr

Kommentar von Gabriel Schwab

Redakteur Gabriel Schwab (29).
Redakteur Gabriel Schwab (29).  © Kristin Schmidt

Traurig, aber wahr: Die Sorgfaltspflicht von privaten Anbietern gilt ihrem Unternehmen, nicht ihren Klienten. Beim Abschließen einer Versicherung gilt es, teuflisch auf die Details zu achten. Sonst steht man im Ernstfall plötzlich mit einem sehr teuren - und doch nutzlosen - Stück Papier in der Hand da.

Gerade bei chronisch erkrankten und/oder betagten Personen empfiehlt es sich, unbedingt im Vorfeld das beratende Gespräch zu suchen. Was ist mein Bedarf? Wie hoch sind die Versicherungssummen? Welche konkreten Fälle deckt meine Versicherung? Und genauso wichtig: Wann greift sie nicht?

Dennoch kann es immer wieder zu Komplikationen kommen. Versicherungen sind Wirtschaftsunternehmen. Menschen sind für sie oft zunächst eine Nummer, ihr Anliegen eine Kennzahl, ihre Versicherung eine Risikoabwägung und die Bewilligung von Geldern eine Kostenfrage.

Selbst wenn Kunden im Recht sind, müssen sie oft hartnäckig dafür kämpfen, es auch zu bekommen. Dann ist ein langer Atem gefragt. Eine Freundin meiner Mutter, die bei einer Versicherung arbeitete, erzählte einmal: "Eines der ersten Dinge, die wir beigebracht bekommen, ist beim ersten Anruf eines Kunden NIEMALS den Hörer abzunehmen." Traurig. Aber oft wahr.

Titelfoto: 123rf/justinchanwonder/privat

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