Jahrelang zu viel gezahlt? Viele Chemnitzer Grundstücke ungenau vermessen
Chemnitz - Die anstehende Reform der Grundsteuer bringt Tausende Chemnitzer dazu, Akten zu wälzen. Die Eigentümer von 61.013 Flurstücken sollen bis nächste Woche (31. Januar) eine Vielzahl an Daten an das Finanzamt melden. Nicht wenige Grundstücksgrößen, die dabei angegeben werden, sind allerdings falsch - ohne dass die Besitzer etwas davon wissen.
"Wenn wir nachmessen, ist häufig weniger Fläche da, als im Grundbuch steht", sagt Vermessungsingenieur Detlef Wuttke (61).
"Die Leute pochen dann auf den amtlichen Wert und wundern sich über die teils enormen Abweichungen. So mancher gelangt zu der Erkenntnis: 'Da habe ich ja 30 Jahre zu viel Grundsteuer bezahlt.'"
Laut dem Experten werden Areale heute mit einer Genauigkeit von drei Zentimetern vermessen.
"Doch viele Eintragungen in die Liegenschaftskataster gehen auf sehr viel ältere Angaben zurück, die ihren Ursprung in der Landvermessung des sächsischen Königs von 1840 haben", so Wuttke.
"Wenn von damals vermessenen Flächen mit moderner, präziserer Technik Grundstücke abgeteilt werden, wird die Ungenauigkeit beim verbleibenden Rest immer größer."
In gleichem Maß kochen die Debatten beim Vermessungstermin hoch: "Da wird oft hitzig diskutiert. Besonders in jüngster Zeit gibt es geradezu eine Flächensensibilität."
Anlässlich der Grundsteuerreform rät Wuttke nicht zu einer Neuvermessung: "Das lohnt sich, wegen der Kosten von 500 Euro pro Vermessungspunkt, nur auf ganz lange Sicht. Aber vor einem Grundstückskauf würde ich das vom Verkäufer unbedingt einfordern."
Ein extremes Beispiel erlebte der Chemnitzer Vermesser an der Kleinen Striegis bei Hainichen: "Dort haben wir Grünland vermessen, das laut Besitzer 8000 Quadratmeter groß sein sollte, tatsächlich waren es 1000 Quadratmeter weniger."
Grundsteuer-Erklärung: Hier findet Ihr Hilfe
Weil viele Grundstückseigentümer beim Ausfüllen der Grundsteuer-Erklärung allein nicht weiterkommen, hat das Vermessungsbüro Wuttke auf seiner Internetseite (wuttke-vermessung.de) häufige Nachfragen beantwortet. Beispielsweise die Frage nach der "Flur", die ausgefüllt werden soll - die es aber in weiten Teilen Sachsens gar nicht gibt.
Angaben zum Bodenrichtwert für jedes Grundstück sind unter www.boris.sachsen.de zu finden. Flurstück-Angaben und weitere Erläuterungen unter: www.grundsteuer.sachsen.de
Fünf Tage vor Ablauf der Frist sind in Chemnitz beim Finanzamt erst 62 Prozent der erwarteten Erklärungen eingegangen, 33.000 stehen noch aus.
Titelfoto: Bildmontage: Kristin Schmidt, Ralph Kunz