Im Roten Turm ist das alte und neue Chemnitz von oben zu sehen
Chemnitz - Auf vier ungewöhnlichen "Wandelbildern" werden im Roten Turm jetzt Chemnitzer Stadtansichten im Abstand von rund 100 Jahren präsentiert. Für den historischen Vergleich steuerte Ballonfahrer Christian Köhler (64) die Aufnahmeorte von um 1920 entstandenen Luftbildern erneut an.

Zu sehen sind der Falkeplatz, der Markt mit den Rathäusern, das Umfeld des Theaterplatzes und das Viertel rund ums Tietz. Die Motive der Fotografien sind so deckungsgleich, dass daraus sogenannte Linienrasterbilder angefertigt werden konnten.
"Dabei werden die beiden Ansichten in 0,2 Millimeter dünne Streifen zerlegt und zu einem Bild zusammengefügt. Dank darauf liegender Linsen verwandelt sich das Bild von der alten Aufnahme in die neue, sobald der Betrachter einen Schritt zur Seite geht", erklärt Christian Köhler das Prinzip.
Die 90 mal 1,20 Meter großen Motive der Innenstadt hängen seit Kurzem im Roten Turm und sind Teil einer Initiative, die das älteste Bauwerk der Stadt wieder in den Fokus rücken will.
Dazu gehören auch regelmäßige Öffnungszeiten samstags von 12 bis 14 Uhr. "Sobald wir die Eingangstür öffnen, kommen die Leute", freut sich Gästeführerin Veronika Leonhardt (65).
Der Eintritt kostet 2,50 Euro. Gleichzeitig dürfen aus Brandschutzgründen nur zwölf Besucher in den Turm.


1. Das Königliche Landgericht wurde zum Amtsgericht

Vom Königlichen Landgericht auf dem Kaßberg blieb die Bebauung der Hohen Straße bis zum Eckgebäude erhalten.
Die daran anschließenden Justizgebäude in der Gerichtsstraße, die das Luftbild von 1922 zeigt, wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Dort entstand von 2006 bis 2009 das neue Amtsgericht.
2. Der versteckte Fluss

Der Chemnitzfluss am Falkeplatz ist erst seit 2009 wieder sichtbar.
Auf dem Luftbild von 1922 verbirgt sich das Gewässer unter einer Betonabdeckung, die in der Bildmitte zu sehen ist.
Das Flussufer, das heute eine grüne Pufferzone für Hochwasser ist, war damals dicht bebautes Industriegebiet.
3. Die zerstörte Kirche

Die imposante Nikolaikirche am Kapellenberg prägte 1922 das Bild der Nikolaivorstadt.
Im März 1945 wurde sie bei Bombenangriffen schwer beschädigt und nicht wieder aufgebaut.
Erhalten blieben nur die alten Böschungsmauern in der Stollberger Straße und Reste von Fundamenten auf dem Niklasberg.
4. Der Namensgeber des Falkeplatzes

Von der Deutschen Bank entstehen 1922 gerade die Fundamente, wie das Luftbild dokumentiert. Daneben thront die Handschuhfabrik von Carl Bruno Falke.
Er hatte seiner Heimatstadt 1907 ein Vermögen hinterlassen, für das sich Chemnitz mit der Namensgebung des Falkeplatzes bedankte.

5. Die einst modernste Feuerwehrwache

An der Hauptfeuerwache in der Schadestraße hat sich äußerlich in einem Jahrhundert wenig verändert.
Der von Stadtbaurat Richard Möbius entworfene Bau ging 1906 als eine der modernsten Feuerwachen Deutschlands in Betrieb und überstand den Zweiten Weltkrieg nahezu unversehrt.
Titelfoto: Bildmontage: Uwe Meinhold