Hat Chemnitz wirklich zu viele Fachärzte?

Chemnitz - Hautarzt, Augenarzt oder Kardiologe: Der Versuch, einen zeitnahen Termin bei einem Facharzt zu bekommen, kann schnell zu Schweißausbrüchen führen. Doch die Statistik behauptet das Gegenteil: Wie aus einer Auflistung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) hervorgeht, hat Chemnitz sogar zu viele Fachärzte.

Auf den Termin für einen Sehtest müssen auch Kinder in Chemnitz bis zu einem halben Jahr warten. (Symbolbild)
Auf den Termin für einen Sehtest müssen auch Kinder in Chemnitz bis zu einem halben Jahr warten. (Symbolbild)  © 123rf/standrets

Zum Stichtag 30. September 2023 weist die Tabelle bei Augenärzten einen Versorgungsgrad von 112 Prozent aus, bei Urologen sind es gar 132 Prozent. Wie kann das sein?

"Unsere Bedarfsplanung beruht auf gesetzlichen Vorgaben", schreibt die KVS. Maßgeblich sei die "regionale Verhältniszahl. Diese gibt an, für wie viele Einwohner in einem Planungsbereich eine Arztstelle der jeweiligen Fachrichtung mit vollem Versorgungsauftrag geplant wird."

Demografie und Lebenserwartung würden dabei berücksichtigt.

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Linken-Stadträtin Susanne Schaper (46) schüttelt mit dem Kopf: "Man kann das einfach nicht erklären. Diese starre überalterte Berechnung geht an Wirklichkeit und Patientenaufkommen vorbei."

Susanne Schaper (46, Linke) will bei der CTM (früher CWE) wegen der Anwerbung von Fachärzten immer wieder nachfragen.
Susanne Schaper (46, Linke) will bei der CTM (früher CWE) wegen der Anwerbung von Fachärzten immer wieder nachfragen.  © Kristin Schmidt

Wie schnell bekommt man wirklich einen Termin?

Ob Haus- oder Facharzt: Die Wartezimmer in Chemnitz sind immer voll. (Symbolbild)
Ob Haus- oder Facharzt: Die Wartezimmer in Chemnitz sind immer voll. (Symbolbild)  © imago/Jochen Tack

Wenn Facharztpraxen überhaupt Neupatienten annehmen, dann haben die Mediziner in der Regel erst im Herbst Zeit. Bei einer TAG24-Blitzumfrage unter den Augenärzten gab es den frühesten Termin Ende August/Anfang September.

Auch dafür hat die KVS eine Erklärung: "Neben der Behandlungsdringlichkeit sind vor allem die Kapazitäten der Praxen (Personalsituation) entscheidend. Zudem gibt es eine hohe Nachfrage nach ärztlichen Leistungen im Allgemeinen - begründet durch die Altersstruktur der Bevölkerung, aber auch durch eine erhöhte Anspruchshaltung."

Außerdem gebe es gerade bei den Fachärzten zunehmend Spezialisierungen. Gerade das sieht auch Susanne Schaper als Grund: "Augenärzte, die nur operieren, stehen der klassischen Regelversorgung praktisch nicht zur Verfügung."

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Für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung zuständig ist seit 2017 die städtische CWE (inzwischen CTM). Nach anhaltender Kritik wurde 2023 eine Stelle geschaffen, die sich gezielt um die Ärzteanwerbung kümmern soll. Eine TAG24-Anfrage, wie erfolgreich dies bislang läuft, ließ die Geschäftsführung unbeantwortet.

Titelfoto: Montage: IMAGO/Jochen Tack, Kristin Schmidt

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