Geld alle! Ukrainern droht Auszug aus Chemnitzer Flüchtlings-Unterkunft
Chemnitz - Hilferuf von den Helfern aus Chemnitz! Seit März kümmert sich der Verein zur Förderung der Solidarität, Demokratie und Bildung (SDB) auf eigene Initiative um Geflüchtete aus der Ukraine. Doch nun ist die Spendenkasse leer: "Die Unterbringung der 70 Menschen können wir nur noch bis Freitag finanzieren", so Vorsitzender Andreas Schmieder (39).
Lebensmittel, Deutschunterricht und ein Dach überm Kopf: Neben ehrenamtlichem Engagement und Sachschenkungen wurde das vor allem durch Spenden möglich (rund 30.000 Euro). Etwa 20 Ukrainer sind im Haus des Gastes (Reichenbrand) untergebracht, 50 Menschen leben in der Jugendherberge Chemnitz-Adelsberg.
"Dort kostet das Bett 300 Euro im Monat", rechnet Schmieder vor. "Über die Unterbringungshilfe der Stadt können wir aber nur 180 Euro pro Person bekommen."
"Wir sind an Recht und Gesetz gebunden", erklärt Stadtsprecher Matthias Nowak (53) zu der Maximalhöhe der Zuwendung. Und: "Die benannten Kosten nur für Unterbringung ohne Verpflegung von 300 Euro pro Person und Bett bedeuten bei einer 3-Personen-Belegung im Zimmer eine Gesamthöhe von 900 Euro pro Monat."
Ein Auszug der Ukrainer aus der Jugendherberge scheint somit unumgehbar. Damit die Geflüchteten nicht auf der Straße landen, verspricht die Stadtverwaltung Hilfe. Stadtsprecher Nowak: "Wir können die Menschen alle in private Wohnungen vermitteln."
Kommentar von Gabriel Schwab: Gemeinsamer Kraftakt
Schnelle Hilfe birgt selten eine nachhaltige Lösung. So steht nicht nur Chemnitz vor der gesellschaftlichen Aufgabe, die ukrainischen Kriegsgeflüchteten nach der Erstversorgung in geregelte Lebensverhältnisse zu bringen. Das umfasst etwa die Wohn-, Bildungs- und Arbeitssituation. Ein Kraftakt, der nur gemeinsam gelingen kann - in Zusammenarbeit mit Kommune, Wohlfahrtsverbänden und engagierten Bürgern.
Gleichzeitig ist es für Betroffene wie Beteiligte ein Flug ins Ungewisse. Weder die zeitliche noch die zerstörerische Dimension des Krieges ist derzeit abzusehen. Bedeutet: Weder Kommunen noch private Helfer wissen, wie viele Geflüchtete noch kommen werden. Unklar ist auch, wie lange sie in Deutschland untergebracht werden müssen.
Klar wird zwischenzeitlich, dass es mehr zum Leben braucht als Verpflegung und ein Dach über dem Kopf. Denn die kriegsgebeutelten Menschen haben (zumindest vorübergehend) so viel mehr verloren als das: Arbeit, Bildung, soziales Umfeld, Hobbys - die Liste könnte endlos weitergeführt werden.
Keine Kommune, kein Wohlfahrtsverband, keine private Initiative können all diese Bedürfnisse befriedigen und gleichzeitig die Existenzsicherung der Menschen gewährleisten. Zumindest nicht alleine. Für einen solchen Kraftakt braucht es sie alle - gemeinsam.
Titelfoto: Kristin Schmidt