Feierliche Eröffnung mit nachdenklichen Zeitzeugen: Kaßberg-Knast ist jetzt Gedenkstätte

Chemnitz - Das berüchtigte Kaßberg-Gefängnis in Chemnitz eröffnete am heutigen Freitag als Gedenkstätte offiziell seine Tore. Weggefährten erinnerten an das Leid und die Schrecken ihrer Zeit in Haft. Auf 1000 Quadratmetern Ausstellungsfläche wird an den Justizvollzug zweier Diktaturen erinnert.

SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke (61, M.) schnitt bei der offiziellen Eröffnungsfeier als Erste das rote Band durch.
SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke (61, M.) schnitt bei der offiziellen Eröffnungsfeier als Erste das rote Band durch.  © Maik Börner

Das Ehepaar Matthias (67) und Christine Storck (64) erlebte den Stasi-Knast aus nächster Nähe. Sie wurden 1980 aufgrund staatsfeindlicher Verbindungen und versuchter Republikflucht zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.

Dass sie nun an diesem Ort stehen, berührt sie tief: "Wir finden es sehr beeindruckend, wie viel Arbeit und Mühe investiert wurde, um diese Gedenkstätte auf die Beine zu stellen."

Sie selbst hätten viele der Akten, die jetzt in ihrer eigenen Zelle ausgestellt sind, selbst noch nie gesehen. "Die Konfrontation mit diesen Dokumenten macht unsere Vergangenheit wieder real", fügt Matthias Storck hinzu. Für beide ist es ein "gutes Gefühl", bei der Eröffnung dabei zu sein.

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Innerhalb von sechs Jahren wurde die Gedenkstätte errichtet. 4,6 Millionen Euro Fördergelder flossen in den Umbau - 1,2 Millionen Euro vom Bund, 2,8 Millionen Euro vom Freistaat und 600.000 Euro von der Stadt.

Zeitzeuge und Radsportlegende Wolfgang Lötzsch (70) freut sich über seinen Gedenkraum.
Zeitzeuge und Radsportlegende Wolfgang Lötzsch (70) freut sich über seinen Gedenkraum.  © Maik Börner
Dem Ehepaar Christine (64) und Matthias Storck (67) wurde ein eigener Gedenkraum gewidmet.
Dem Ehepaar Christine (64) und Matthias Storck (67) wurde ein eigener Gedenkraum gewidmet.  © Maik Börner
Blick in den Trakt B des ehemaligen Kaßberg-Gefängnisses. Die Zellen dienen jetzt als Gedenkräume.
Blick in den Trakt B des ehemaligen Kaßberg-Gefängnisses. Die Zellen dienen jetzt als Gedenkräume.  © Maik Börner

Michael Schlosser musste 4,5 Jahre im Kaßberg-Gefängnis verbringen

Zeitzeuge Michael Schlosser (79) mit seinem selbst gebauten Fluchtflugzeug.
Zeitzeuge Michael Schlosser (79) mit seinem selbst gebauten Fluchtflugzeug.  © Maik Börner

Dass auch Kreativität und große Abenteuer in Gefangenschaft enden können, beweist Michael Schlossers (79) Geschichte: Er hatte 1983 versucht, mit seinem selbst gebauten Flugzeug aus der DDR zu fliehen.

Für vier Jahre und sechs Monate wurde Schlosser inhaftiert. Die Gedenkstätte sieht er als "optimalen Ort, seine Geschichte zu verarbeiten".

Ministerpräsident Michael Kretschmer (48, CDU) ist froh, dass es die Gedenkstätte gibt: "Der Kaßberg soll als Lernort dienen und den zukünftigen Generationen das Wissen vermitteln, Freiheit als ein hohes Gut anzusehen."

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Der Ort sei nicht nur für Sachsen von großer Bedeutung, sondern für die gesamte BRD.

Zeiten des Grauens

So sah das Kaßberg-Gefängnis kurz nach der Wende aus.
So sah das Kaßberg-Gefängnis kurz nach der Wende aus.  © Haertelpress

Das ehemalige Kaßberg-Gefängnis erlangte als Abwicklungsort des Häftlingsfreikaufs durch die BRD Berühmtheit. Die Geschichte des Ortes reicht jedoch sogar bis in die Kaiserzeit.

1878 wurde das Gebäude als Königlich-Sächsische Gefangenenanstalt errichtet. Zwischen 1933 und 1945 diente es den Nationalsozialisten als gefürchtetes Untersuchungs- und Strafgefängnis.

Ab Mai 1945 übernahmen der sowjetische Geheimdienst NKWD (Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten) sowie das sowjetische Ministerium für Staatssicherheit (MGB) das Kaßberg-Gefängnis. 1952 wechselte die Anstalt in die Hoheit des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und wurde als berüchtigtes Untersuchungsgefängnis genutzt.

Nach dem Zusammenbruch der SED-Diktatur übernahm der Freistaat die Gefängnisanlage. Er betrieb sie nach Modernisierungsmaßnahmen bis Ende 2010 als Justizvollzugsanstalt.

An die wechselvolle Geschichte soll nun der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis erinnern.

Titelfoto: Maik Börner

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