Ein Stück DDR stirbt: Braucht Chemnitz wieder mehr Grüne Pfeile?
Chemnitz - Hier stirbt wieder ein Stück DDR: Grüne Pfeile an Straßenkreuzungen landen bald auf der Roten Liste aussterbender Arten. Auch in Chemnitz wird im Schnitt jedes Jahr ein Pfeil für Rechtsabbieger abgebaut. Jetzt scheiterte Ines Saborowski (55, CDU) mit ihrem Vorstoß für einen neuen Grünpfeil.

Die Politikerin hatte in einer Ratsanfrage nach einem Grünpfeil an der Georgi- zur Zschopauer gefragt. Nein, kam die prompte Antwort aus dem Rathaus. Autofahrer, die sich an die Kreuzung herantasteten, gefährdeten Fußgänger und Radfahrer.
Einen zweiten Vorstoß Saborowskis, einen grünen Ampel-Pfeil anzubringen, lehnte die Verwaltung ebenfalls ab. Der Pfeil käme ja nur bei Linksabbieger-Grün in der Zschopauer Straße zum Tragen - und das gebe es nur bei Bedarf.
Ines Saborowski ist enttäuscht: "Grünpfeile sorgen für besseren Verkehrsfluss. Aber die Zahl nimmt ab. Ich bin für mehr Pfeile – wenn sich Autofahrer vernünftig verhalten, gibt es keine Unfälle."
Die Verwaltung sieht das anders. Auch aufgrund von Unfallschwerpunkten baute Chemnitz 13 Grünpfeile seit 2009 ab. Zudem lege die Verwaltung mehr Wert auf konfliktfreies Linksabbiegen, was Grünpfeile ausschließe. Heute gibt es noch 132 Grünpfeile an 83 Ampeln.


Politiker wollen die Grünpfeile noch nicht sterben lassen. Maik Otto (45, SPD) wünscht sich wieder mehr davon. Fraktionskollege Jörg Vieweg (51) hat noch einen weiteren Vorschlag: "An jedem abgebauten Grünpfeil sollte die Stadt einen grünen Ampelpfeil anbringen, um den Verkehrsfluss zu verbessern."
Kommentar: Sinnvolle Erfindung

Als ich vor vielen Jahren aus dem Westen nach Sachsen kam, staunte ich über die Grünen Pfeile an Straßenkreuzungen. Ich musste mir erst von Sachsen erklären lassen, wie das System funktioniert. Seitdem finde ich die Regel wunderbar.
Umso ärgerlicher ist es, dass dieses rare Relikt der DDR (neben der Sondererlaubnis für Simson-Mopeds, Polikliniken, Ost-Ampel- und Sandmännchen) jetzt Stück für Stück und Pfeil für Pfeil von den Straßen verschwindet.
Die Argumente der Verwaltung lauten: Es geht um Verkehrssicherheit. Passieren an einer Kreuzung mit Grünem Pfeil mehr Unfälle, wird das Verkehrszeichen abgebaut.
Was kann der Grünpfeil dafür, wenn so viele Leute nicht Autofahren können? Nichts. Statt Verkehrsregeln zu ändern, sollte der Staat lieber die Führerscheinprüfungen verschärfen, um Unfallzahlen zu senken.
Es geht mir beim Appell für den Grünpfeil nicht um Ostalgie. Das Verkehrszeichen ist eine sinnvolle Erfindung. Vielleicht können Westdeutsche (siehe oben) nicht gut damit umgehen. Dann sollen sie es lernen – mit eigenen Grünpfeilen. Bei Bedarf kommen wir in den Westen und erklären, wie das funktioniert.
Titelfoto: Ralph Kunz