Diese Chemnitzer Prachtbauten gehören zum jüdischen Erbe
Chemnitz - Ihre Prachtbauten prägten das Stadtbild der Moderne und sind bis heute charakteristisch für Chemnitz.
Das Schicksal der jüdischen Unternehmer, die architektonische Glanzwerke wie die ehemalige Wollwarenfabrik in der Zwickauer Straße erbauen ließen, lautete im Nationalsozialismus oft: Diskriminierung, Verfolgung, Enteignung und/oder Tod.
Gemeinsam mit Historiker Dr. Jürgen Nitsche ließ Thomas Morgenstern (67), langjähriger Leiter der Denkmalschutzbehörde, die Erinnerung an die Architektur des Chemnitz der 1920er, die boomende (Textil-)Industrie und die Schicksale der jüdischen Unternehmer in dem Buch "Moderne ohne Bauhaus" wiederaufleben.
TAG24 zeigt daher die schönsten jüdischen Prachtbauten in Chemnitz.
Einkaufs- und Lagerhaus der Textilfirma "M.J. Emden Söhne" (Baujahre 1925/1926)
Der imposante Backstein-Bau auf der Dresdner-/Glockenstraße 1 ist eines der Lieblingsgebäude Morgensterns: "Es war ein wichtiger Meilenstein für die sachliche Architektur der Chemnitzer Moderne."
Im Erdgeschoss des einstigen Textileinkaufs- und Lagerhauses, das Passanten vor allem als Spielothek ins Auge fällt, wurden früher Waren angenommen und versandt.
Die ausführenden Architekten waren die Gebrüder Gerson aus Hamburg.
Kaufhaus Schocken (1929/1930)
Das ehemalige Kaufhaus Schocken, heute Staatliches Museum für Archäologie, ist wohl der charakteristischste Chemnitzer Bau der Moderne.
Entworfen nach Plänen von Erich Mendelsohn, einem der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts, sollte der Bau das Flammeninferno des 5. März 1945 versehrt überleben.
Nach Stuttgart und Nürnberg war es der dritte Kaufhausbau Mendelsohns für die Schocken-Brüder Simon und Salman.
Die Schocken-KG mit Hauptsitz in Zwickau wurde 1938 durch die Nazis enteignet.
Mechanische Wollfabrik Hans Bernstein (1924/1925)
Das imposante Schieferkleid und der elegante, dreieckige Glasmittelbau (Erker) machen die ehemalige Wollwarenfabrik Hans Bernstein zu einem echten Hingucker.
In dem vom Chemnitzer Architekturbüro "Kornfeld&Benirschke" entworfenen Gebäude schräg gegenüber vom Straßenbahndepot (Kappel) wurden Wollwaren, Sweater und gestrickte Ärmelwesten produziert.
Hans Bernstein und Ehefrau Selma sahen sich 1934 gezwungen, aus Deutschland auszuwandern.
Erweiterungsbau des Warenhauses H.&C. Tietz (1926/1927)
Der Erweiterungsbau (Moritzstraße 20) des heutigen Chemnitzer Kulturzentrums "Tietz" hat keinen Grund, sich seinem "großen Bruder" unterzuordnen.
Dort lief das Geschäft damals so gut, dass man die vierte Etage des Warenhauses, in der etwa Verwaltung und Werkstatt waren, in einen eigenen Erweiterungsbau auslagerte.
Und so durch Erich Basarke, einer der gefragtesten Chemnitzer Architekten seiner Zeit, einen weiteren, prägenden 20er-Jahre-Bau der Stadt schuf.
Verwaltungsgebäude Gebrüder Sussmann (1923/1924)
Die Jahre meinten es nicht gut mit dem ehemaligen Sitz der Strumpffabriken der Gebrüder Hugo und Arthur Sussmann. Graffitis "zieren" den leerstehenden, verwahrlosten Bau, der etwas zurückgesetzt in der Altchemnitzer Straße 40 steht.
Dass von hier aus die Geschicke eines florierenden Unternehmens geleitet wurden, wissen die Wenigsten. Das gilt auch für die Schicksale der Sussmanns im Nationalsozialismus.
Während Arthur Sussmann Deutschland verließ, blieb Bruder Hugo. Er wurde nach Auschwitz deportiert und 1944 ermordet.
Titelfoto: haertelpress, Archiv der Denkmalschutzbehörde Chemnitz, Kristin Schmidt