Traurig! Dieser Haufen Schrott war mal ein mächtiger Brunnen in Chemnitz
Chemnitz - Ein großer Schrotthaufen liegt zwischen Büschen auf dem Gelände des Klinikums Chemnitz. Er war einmal ein mächtiger Brunnen, der vier Jahrzehnte sprudelte und mit seiner einprägsamen Form als begehbares Wasserspiel den Eingangsbereich des Krankenhauses prägte - bis er dem 100 Millionen Euro teuren Klinik-Neubau weichen musste, der im Sommer eingeweiht wird.
Entworfen wurde der Klinik-Brunnen von Horst Hartmann (84), einem der renommiertesten Gestalter der DDR.
Seine Formen umgaben die Menschen im sozialistischen Alltag: der erste tragbare Kassettenrecorder KT100, ein Bodenstaubsauger von AKA electric, Tischrechner aus Sömmerda. "Das Werk von Horst Hartmann ist Kunst- und Kulturgeschichte der DDR und hat einen ähnlichen Stellenwert wie das von Clauss Dietel", schätzt Galerist und Kunstkenner Bernd Weise (67) ein. "Der Brunnen ist als wichtiger Teil seines Lebenswerkes einzuordnen."
Doch das Erbe des 1989 in die Wende in die BRD ausgereisten Designers wird in seiner einstigen Heimatstadt Chemnitz weit weniger geschätzt.
Auf die seit Jahren vom Klinikum in Aussicht gestellte Wiederaufstellung des Brunnens, die teuer und aufwendig wäre, wartet der heute in Heidelberg lebende Künstler vergeblich.
DDR-Top-Designer: "Ein Kulturgut so zu behandeln, grenzt an Verachtung"
Man suche nach einem "geeigneten Standort", heißt es. Horst Hartmann ist traurig und verbittert über das Schicksal seines Werks: "Ein Kulturgut so zu behandeln, grenzt an Verachtung."
Stadtrat Mike Otto (45, SPD), Mitglied im Aufsichtsrat des Klinikums, schlug einen Kompromiss vor: "Es wäre vorstellbar, den Brunnen als Lichtinstallation und einer Bepflanzung wieder aufzustellen. Das wäre besser, als wenn er dauerhaft aus dem Stadtbild verschwindet."
Für den Schöpfer des Brunnens keine Option. "Es muss noch eine andere Lösung geben", hofft er.
Titelfoto: privat, Sven Gleisberg