Chemnitzer Eingemeindungs-Serie, Teil 5: Durchs Chemnitztal nach Wittgensdorf
Chemnitz - In der neuen TAG24-Serie beschäftigen sich Ortsvorsteher der Ex-Dörfer, die mittlerweile zu Chemnitz gehören, damit, was ihnen die Eingemeindung gebracht hat. Im fünften Teil geht's um den Stadtteil Wittgensdorf.
Die schönste Art, um als Chemnitzer in den Ortsteil Wittgensdorf zu gelangen, ist der Radweg durchs Chemnitztal. Die Strecke auf der alten Bahntrasse führt durchs Naturschutzgebiet. Wenn Ortsvorsteher Ullrich Müller (74, CDU) aus dem Küchenfenster schaut, sieht er die beliebte Ausflugsstrecke - und die damit verbundenen Möglichkeiten und Probleme.
Direkt am Ortseingang ist ein Biergarten mit 300 Außenplätzen geplant, der bald noch mehr Gäste anlocken könnte. "Aber bitte in Maßen", meint der Ortvorsteher.
"Eine Raststätte für Radfahrer, die sich landschaftlich einbettet, wäre ein Gewinn. Aber wir möchten hier keine Eventgastronomie."
Müller ist seit 1999 Ortsvorsteher, der dienstälteste in den eingemeindeten Stadtteilen.
"Als Anhängsel eines Landkreises hätten wir kaum Möglichkeiten gehabt"
"Ich war für die Eingemeindung nach Chemnitz, als hier noch dagegen protestiert wurde. Als Anhängsel eines Landkreises hätten wir kaum Möglichkeiten gehabt. Ich sehe die Zeit seit 1999 positiv: Schule und Rathaus sind saniert, die Feuerwehr hat ein neues Gerätehaus, der Rathausplatz wurde neu gestaltet."
"Wir können mit dem Bus bis ins Chemnitz-Center fahren. Dafür haben wir unser schönes Freibad, das als eines der ersten auf Westniveau gebracht wurde, als Mitbringsel nach Chemnitz eingebracht", schwärmt der Ulrich Müller.
Ans Aufhören denkt der Orts-Chef auch nach 23 Jahren nicht. Dafür ans nächste Projekt: "Unsere alte baufällige Turnhalle wurde 2005 abgerissen. Es gibt immer noch keinen Ersatz. Dabei wäre das sowohl für den Schul- als auch für den Vereinssport wichtig."
Große Kunst in kleinem Ort
Ein Geheimtipp in Wittgensdorf ist die Reihe "Große Kunst in kleinem Ort", die es schon seit 1974 (!) gibt. In der Schulaula traten schon Solisten der Staatsoper Berlin, namhafte Schauspieler, Kabarettisten und Musiker auf - beispielsweise Schauspielerin und Sängerin Dorit Gäbler.
Neuerdings finden die Veranstaltungen zweimal im Jahr in der Wittgensdorfer Kirche statt. Beim nächsten Konzert freut sich Organisatorin Christine Esche auf Markus (31) und Pascal Kaufmann (28): "Ersterer ist Kantor der Nicolaikirche in Leipzig, sein Bruder in Augustusburg. Wenn die beiden vierhändig spielen, denkt man, sie zerhacken den Flügel."
Der größte Künstler im kleinen Ort ist zweifellos Henry Büttner (93), der durch seine unverwechselbaren Zeichnungen in der Zeitschrift "Eulenspiegel" berühmt geworden ist. Der Karikaturist lebt seit Jahren sehr zurückgezogen.
Zu einer ihm gewidmeten Sonderausstellung in der Heimatstube schickte er 2013 Dankesworte und ein kleines Foto stellvertretend für sein "wahrscheinliches Nichterscheinen".
Hier gibt's die anderen Teile der TAG24-Serie zum Nachlesen
- Teil 1: In Euba staut sich die Wut!
- Teil 2: Am Wasserschloss Klaffenbach bleibt alles im Fluss
- Teil 3: Erzgebirgsidylle in Kleinolbersdorf-Altenhain
- Teil 4: In Einsiedel herrscht wieder Ruhe
- Teil 6: Grüna, das Dorf der Selbstbewussten
- Teil 7: Mittelbach: "Wir wurden von Anfang an verschaukelt"
- Teil 8: Röhrsdorf - Zwischen Bauernhof und Einkaufs-Tempel
Titelfoto: Kristin Schmidt (3)