Chemnitzer Eingemeindungs-Serie, Teil 4: In Einsiedel herrscht wieder Ruhe
Chemnitz - In der neuen TAG24-Serie beschäftigen sich Ortsvorsteher der Ex-Dörfer, die mittlerweile zu Chemnitz gehören, damit, was ihnen die Eingemeindung gebracht hat. Im vierten Teil geht's um den Stadtteil Einsiedel.
Einsiedel schmiegt sich ins Zwönitztal. Wenn hier in Straßennamen der Begriff Berg auftaucht, dann ist das eine Ansage. Der Mühlberg taugt für einen Skihang mit 60 Prozent Gefälle - immerhin gehört Einsiedel geografisch schon zum Erzgebirge.
In kommunaler Hinsicht entschied die Gemeinde freiwillig, 1997 ein Teil von Chemnitz zu werden. "Die Alternative war damals, im Landkreis Stollberg das fünfte Rad am Wagen zu sein", sagt Falk Ulbrich (55, CDU), seit 2014 Ortsvorsteher. Lieber schlossen die Einsiedler einen Vertrag mit der Stadt über den Erhalt des Jugendklubs, die Sanierung des Freibades, der Kita und den Anschluss ans Abwassernetz. Die Bilanz des Orts-Chefs heute: "Das meiste ist erfüllt und viele Bürger in Einsiedel fühlen sich heute als Chemnitzer."
Einsiedel profitierte besonders vom Chemnitzer Modell. "Mit vier Haltestellen sind wir sehr gut angebunden. Das ist eine tolle Sache", so Ulbrich. Weniger gut sieht es bei Radwegen aus. "Es gibt einen Stadtratsbeschluss von 2017, der den Bau eines Radweges im Zwönitztal vorsieht. Es kommen nicht nur jede Menge Ausflügler, auch viele Einsiedler wollen gern eine Radweg-Anbindung an die Stadt, die sie im Alltag nutzen können."
Auch die Grundschule sieht bislang nur von außen modern aus - Klassenräume, WCs, Elektrik müssten dringend saniert werden.
2015 sorgte Einsiedel überregional für Aufsehen
Ein politisches Beben sorgte 2015 überregional für Aufsehen: Hunderte Demonstranten protestierten gegen eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber im ehemaligen Pionierlager.
"Den Ausschlag für die Proteste hat ein riesiges Kommunikationsproblem des Freistaates gegeben. Das musste schiefgehen", sagt rückblickend Ulbrich, der sogar zum damaligen Vize-Kanzler Sigmar Gabriel reiste, um das Bild des Ortes im fernen Berlin ein Stück gerader zu rücken.
"Mittlerweile läuft die Kommunikation besser. Für die Flüchtlinge aus der Ukraine hat es im Ort eine riesige Spendenaktion gegeben, nach der 40 Leute wochenlang alles sortiert haben."
Für die Zukunft des Ortsteils wünscht sich Ulbrich: "Es muss wieder mehr gebaut werden. Wenn wir den Kindern und Enkeln unserer Einwohner nichts anbieten können, ziehen die trotzdem nicht in die Innenstadt, sondern eben nach Amtsberg."
Wahrzeichen mit Tradition
Das Einsiedler Brauhaus ist in vielerlei Hinsicht ein Wahrzeichen des Ortes: Zahlreiche Feste auf dem Gelände locken die Chemnitzer in Scharen.
Das denkmalgeschützte Gebäude des 1884 gegründeten Traditionsbetriebes ist eines von ganz wenigen im Ort, die den Zweiten Weltkrieg überstanden, in dem Einsiedel zu 93 Prozent zerstört wurde.
Im hauseigenen Museum der Brauerei sind Utensilien der Firmengeschichte und historische Maschinen ausgestellt. Gäste können sich zu Führungen und Verkostungen anmelden.
"Die Rundgänge finden montags bis donnerstags statt, damit die Besucher auch einen Einblick in die laufende Produktion nehmen können", sagt Museums-Chef Willy Stößer.
Hier gibt's die anderen Teile der TAG24-Serie zum Nachlesen
Titelfoto: Sven Gleisberg (2), Maik Börner