Chemnitzer Eingemeindungs-Serie, Teil 1: In Euba staut sich die Wut!
Chemnitz - In der neuen TAG24-Serie beschäftigen sich Ortsvorsteher der Ex-Dörfer, die mittlerweile zu Chemnitz gehören, was ihnen die Eingemeindung gebracht hat. Los geht es im Teil 1 mit Euba.
Pferdekoppeln, Getreidefelder, hübsche kleine Häuser - wer nach Chemnitz-Euba kommt, den empfängt ländliche Idylle. Aber auch viel Frust: Thomas Groß (59, CDU) war schon im Gemeinderat, als 1993 unter den Eubaern eine Befragung zur Eingemeindung nach Chemnitz gemacht wurde. "Damals war ich dafür. Im Nachhinein bereue ich es."
Das Fazit, das Eubas Ortsvorsteher Thomas Groß zur Eingemeindung zieht, ist ernüchternd: "Es wäre vieles einfacher gewesen, wenn wir nicht Teil von Chemnitz geworden wären. Außer der teilsanierten Schule und dem neu gebauten Kindergarten ist hier nichts vorangegangen. Bei vielen Themen drehen wir uns im Kreis."
Als Beispiel vergleicht Thomas Groß die Großinvestitionen, die nach der Wende für die Talsperre in Euba und das Wasserschloss in Klaffenbach anstanden. "Beide Gemeinden hatten gleichzeitig Fördermittel beantragt und schon bewilligt. Klaffenbach blieb länger selbstständig und zog die Sanierung durch. Euba ging zu Chemnitz und die Talsperre blieb auf der Strecke."
Im Eingemeindungsvertrag vom 24. März 1994 stehen zwar Ortskernbebauung, die Entwicklung des Gewerbegebietes und die Sanierung der Talsperre. Doch nach wie vor fehlt dem einstigen Straßendorf, das kein Rathaus besitzt, ein gestalteter Ortskern.
Orts-Chef schimpft: "Eine Nahversorgung gibt es seit 15 Jahren nicht mehr, die Sparkasse ist weg, seit Kurzem auch der Geldautomat"
"Geplant war ein Marktplatz, der von zweigeschossigen Häusern mit Wohnungen und Geschäften eingerahmt ist", so Groß. Eine Nahversorgung gibt es seit 15 Jahren nicht mehr, die Sparkasse ist weg, seit Kurzem auch der Geldautomat.
Für den immer wieder verschobenen Neubau einer Sporthalle will Euba neue Wege gehen: "Wir bauen unsere Sporthalle selbst, mit dem Sportverein als Bauherr. Finanziert werden soll das Projekt über Mieteinnahmen."
Die Zukunft ihres Ortsteils sehen die Eubaer in der Entwicklung der Talsperre zu einem naturnahen Erholungszentrum. Der Anfang ist gemacht: Das Slackfest bringt seit zwei Jahren wieder Besucher auf das Gelände - und in den Stadtteil.
"Jetzt ist wichtig, dass zumindest die Reparatur für die Staumauerkrone kommt. Dann sehen wir weiter", sagt der Orts-Chef.
Das Kinderparadies am Rand der Stadt
Jeden Dienstagnachmittag öffnet sich in der Eubaer Straße für Kinder und Jugendliche das grobgezimmerte Holztor zum "Basecamp".
Dahinter: gut ein Hektar grünwuchernde Wildnis und viele Möglichkeiten, sich auszuprobieren, Gemeinschaft zu erleben oder einfach über die Wiesen zu toben. Montag bis Mittwoch bevölkern nachmittags Skater und BMX-Fahrer die Halfpipes.
Seit 2019 bietet der Walden e. V. in Euba mehr als ein behütetes Bullerbü. "Neben der Erlebnispädagogik für Kinder gibt es im Basecamp auch Angebote für Erwachsene und Platz für Kultur", sagt Hendrik Hadlich (44) vom Verein. 2021 zählte der Verein insgesamt 3800 Gäste. Aktuell gibt es noch freie Plätze in den Feriencamps.
Am ersten Septemberwochenende ist wieder ein Slackfest mit mehreren Hundert Besuchern geplant.
Hier gibt's die anderen Teile der TAG24-Serie zum Nachlesen
- Teil 2: Am Wasserschloss Klaffenbach bleibt alles im Fluss
- Teil 3: Erzgebirgsidylle in Kleinolbersdorf-Altenhain
- Teil 4: In Einsiedel herrscht wieder Ruhe
- Teil 5: Durchs Chemnitztal nach Wittgensdorf
- Teil 6: Grüna, das Dorf der Selbstbewussten
- Teil 7: Mittelbach: "Wir wurden von Anfang an verschaukelt"
- Teil 8: Röhrsdorf - Zwischen Bauernhof und Einkaufs-Tempel
Titelfoto: Kristin Schmidt, Uwe Meinhold