Versuch in Chemnitz: Hier sollen Pflanzkübel den Verkehr ausbremsen
Chemnitz - Mehr Platz für Autos? Chemnitz versucht im Ortsteil Schönau das Gegenteil. Ein zunächst einjähriger Verkehrsversuch mit Pflanzkübeln soll ab März Laster- und Durchgangsverkehr in Bahn- und Nauwerckstraße erschweren. Nach einem Jahr schauen alle Beteiligten, was es gebracht hat.
"Wir sind gespannt", sagt Matthias Taube (55), einer der Anwohnersprecher.
CDU-Stadträtin Solveig Kempe (42) hatte mit den Bürgern jahrelang für eine Lösung gestritten und sagt: "Die Stadt war kooperativ. Schön, dass es endlich losgeht."
An ihrer Seite arbeitete Stadtrat Dietmar Berger (73, Linke): "Die Anwohner sind vom Verkehr genervt."
Der Hintergrund: Noch zu DDR-Zeiten räumte die Stadt zwischen Südring-Stumpf und Bahnstraße Garagen weg, baute eine neue Verbindung.
Das Provisorium sollte verschwinden mit dem Weiterbau des Südrings zur Zwickauer Straße. Der aber wurde 2022 endgültig abgesagt.
Anwohner-Wunsch: Tempo-30-Zone bis zur Zwickauer Straße ausdehnen
Matthias Taube kämpft deshalb für mehr Ruhe im Wohngebiet: "Wir wollen, dass der Durchgangsverkehr von Südring zur Zwickauer Straße unattraktiv gemacht wird. Nun hoffen wir, dass der Versuch etwas bewirkt."
Dietmar Berger sieht die Slalomstrecke auf Bahn- und Nauwerckstraße als sinnvoll an: "Schwerlastverkehr ist sowieso verboten. Künftig wird es für Laster noch schwieriger." Berger hofft auch auf Tempo 30.
Solveig Kempe kennt sogar den Wunsch der Anwohner, die Tempo-30-Zone bis zur Zwickauer Straße auszudehnen, um die Stelzendorfer Straße ebenfalls zu beruhigen.
Die Stadt gab zum Vorhaben bislang keine Stellungnahme ab.
Ende der Hauptstraße: Kommentar von Bernd Rippert
Die Absage an den Weiterbau des Südrings zur Zwickauer und Kalkstraße musste Folgen haben. Die jahrelange Rennstrecke von Bahn- bis Stelzendorfer Straße konnte so nicht bleiben. Schön, dass die Verwaltung hier den Wünschen der Anwohner folgt.
In dem Schönauer Wohngebiet geht es jeden Tag zu wie auf einer Hauptstraße. Auto um Auto zwängt sich durch die rechtwinkligen Kurven bis zur Zwickauer Straße. Der anstehende Verkehrsversuch soll Durchfahrern den Spaß nehmen.
Ausweichrouten zwischen Zwickauer- und Neefestraße gibt es genug. Jagdschänken-, Jaenicke- und Lützowstraße heißen die Alternativen. Außerdem wird die mittlere Verbindung ja nicht gesperrt, nur erschwert.
Aber generell müssen sich Autofahrer auf mehr Gegenwind in der Verkehrsplanung einstellen. Spanien plant Tempo 30 in allen Kommunen. Paris verdreifacht die Parkgebühren für SUVs und in vielen Straßen verengen neue Radstreifen den Autoverkehr.
Das geht in die richtige Richtung. Wir müssen zu einem Miteinander der Verkehrsteilnehmer kommen. Und der Anwohner.
Titelfoto: Ralph Kunz