Chemnitzer Abschiebe-Skandal: Landesdirektion räumt Fehler ein

Chemnitz - Das Behörden-Hickhack um die Abschiebung des Marokkaners Mehdi N. (34) aus Chemnitz spitzt sich weiter zu. Der Mann war am vergangenen Donnerstag ausgeflogen worden, obwohl das Chemnitzer Verwaltungsgericht beschlossen hatte, die Abschiebung auszusetzen. Daraufhin ordneten die Richter die Rückholung des Mannes an.

Die Landesdirektion ist in Sachsen die für Abschiebungen zuständige Behörde.
Die Landesdirektion ist in Sachsen die für Abschiebungen zuständige Behörde.  © Ralph Kunz

Die Landesdirektion (LDS) als zuständige Behörde hat inzwischen Fehler im Verfahren eingeräumt. Es habe erheblichen Zeitdruck nach der Zustellung des gerichtlichen Beschlusses gegeben, so LDS-Sprecherin Valerie Eckl (34).

Dass dieser an die Chemnitzer Ausländerbehörde ging, habe "zu einer juristischen Fehleinschätzung der damit befassten Bediensteten" geführt, sagte Eckl und kündigte eine interne Untersuchung an.

Sollte sich daraus "notwendiger Handlungsbedarf ergeben, wird dieser zügig umgesetzt". Inzwischen habe man Kontakt zur deutschen Botschaft in Rabat aufgenommen, um die Wiedereinreise zu beschleunigen.

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Der Marokkaner hatte mit Frau und Kindern in Chemnitz gelebt. Bei der Chemnitzer Ausländerbehörde lag ein noch nicht entschiedener Antrag auf Aufenthaltserlaubnis.

Nach der angeordneten Aussetzung der Abschiebung hatten sich sowohl Ausländerbehörde als auch Landesdirektion geweigert, den Gerichtsbeschluss an die für die Abschiebung zuständige Bundespolizei weiterzuleiten.

Die Ausländerbehörde habe zuvor nach Aussagen der LDS trotz der familiären Verhältnisse ein "hohes Ausweisungsinteresse" bei dem Mann festgestellt. Ob der Marokkaner Straftaten begangen hatte, ist unklar.

Regina Kraushaar (60, l.) ist die Präsidentin der Landesdirektion Sachsen, Valerie Eckl (34, r.) die Pressesprecherin.
Regina Kraushaar (60, l.) ist die Präsidentin der Landesdirektion Sachsen, Valerie Eckl (34, r.) die Pressesprecherin.  © Steffen Füssel
Die Landesdirektion Sachsen betont, "die Bindungswirkung von Gerichtsentscheidungen" zu respektieren.
Die Landesdirektion Sachsen betont, "die Bindungswirkung von Gerichtsentscheidungen" zu respektieren.  © Ralph Kunz

Flüchtlingsrat-Sprecher ist fassungslos: "Mir fehlen mittlerweile die Worte"

Flüchtlingsrat-Sprecher Osman Oğuz (34) fordert Aufklärung und Konsequenzen.
Flüchtlingsrat-Sprecher Osman Oğuz (34) fordert Aufklärung und Konsequenzen.  © privat

Osman Oğuz (34), Sprecher des Sächsischen Flüchtlingsrates, schüttelt mit dem Kopf: "Mir fehlen mittlerweile die Worte. Dieser Skandal muss aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden."

Die Stadt Chemnitz hat inzwischen Widerspruch beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen gegen beide Gerichtsbeschlüsse eingelegt und sieht die Schuld bei der Anwältin von Mehdi N.

Der Antrag auf Abschiebestopp war "fehlerhaft gegen die (nicht zuständige) Stadt Chemnitz gerichtet. Der entsprechende Gerichtsbeschluss enthält ebenfalls die Stadt Chemnitz als Antragsgegnerin."

Titelfoto: Ralph Kunz

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