70 Jahre Volksaufstand in der DDR: Darum blieb es in Chemnitz ruhig

Chemnitz - Am morgigen Samstag vor 70 Jahren gingen in der ganzen DDR Menschen für Freiheit, bessere Löhne und eine ordentliche Versorgungslage auf die Straße.

Wie hier in Leipzig gingen am 17. Juni 1953 in ganz Sachsen die Menschen auf die Straße. In Karl-Marx-Stadt hielt sich der Auflauf in Grenzen.
Wie hier in Leipzig gingen am 17. Juni 1953 in ganz Sachsen die Menschen auf die Straße. In Karl-Marx-Stadt hielt sich der Auflauf in Grenzen.  © Sammlung des Bundesarchivs, Stasi-Mediathek

In Chemnitz, aber auch in den Bergbauregionen blieb es an diesem Tag 1953 vergleichsweise ruhig. Über die Gründe gibt es nun neueste Erkenntnisse, erforscht von Ronny Heidenreich (42), Historiker im Stasi-Unterlagenarchiv in Berlin.

Heidenreich hat dafür Dokumente östlicher, aber auch westlicher Geheimdienste ausgewertet. Eine Erkenntnis: Die BRD-Geheimdienste wussten sehr früh sehr gut Bescheid. Auch wenn ihnen mache Übertreibung angedreht wurde, die die Ereignisse auch in Westsachsen dramatisierten, wohl auch, weil Geld dafür floss.

"Gesichert ist, dass es in Chemnitz bereits Ende Mai und Anfang Juni zu Ausständen kam und die Spitze in Ostberlin um Walter Ulbricht im Bilde war", so der Forscher.

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"So war der Partei- und auch der Sicherheitsapparat alarmiert." Es gab präventive Festnahmen. "Das wiederum erklärt, warum am 17. Juni selbst relativ wenig in Karl-Marx-Stadt passierte", sagt Heidenreich.

Auch im Wismut-Gebiet habe relative Ruhe geherrscht. Das stand einerseits unter sowjetischer Militärverwaltung. Andererseits hatten sich auch hier die Geheimdienste der DDR und der Sowjetunion vorbereitet. Heidenreich zitiert einen DDR-Polizeioffizier, der mit seiner Einheit bereits eine Woche vorher nach Schwarzenberg verlegt wurde, letztlich aber wegen fehlender Vorkommnisse wieder abzog.

Ronny Heidenreich (42) forscht zum Volksaufstand in der DDR.
Ronny Heidenreich (42) forscht zum Volksaufstand in der DDR.  © Stasi-Unterlagen-Archiv
Der Einsatz der noch jungen Kasernierten Volkspolizei, vor allem aber das Eingreifen der "Freunde" aus Moskau beendete die Volkserhebung.
Der Einsatz der noch jungen Kasernierten Volkspolizei, vor allem aber das Eingreifen der "Freunde" aus Moskau beendete die Volkserhebung.  © Sammlung des Bundesarchivs, Stasi-Mediathek
Aus Befreiern wurden Besatzer: Karl-Marx-Stadt stand im Juni vor 70 Jahren plötzlich unter Kriegsrecht.
Aus Befreiern wurden Besatzer: Karl-Marx-Stadt stand im Juni vor 70 Jahren plötzlich unter Kriegsrecht.  © Sammlung des Bundesarchivs, Stasi-Mediathek
Mit solchen Protokollen hielten die Behörden private Proteste fest.
Mit solchen Protokollen hielten die Behörden private Proteste fest.  © Sammlung des Bundesarchivs, Stasi-Mediathek

Das neue Sachbuch "Der 17. Juni 1953 - Berichte über den Volksaufstand aus Ostberlin und Bonn" (15 Euro, 970 Seiten, ISB-Nummer: 978-3-946572-33-6) ist im Verlag des Bundesarchivs/Stasi-Unterlagen-Archivs erschienen.

Titelfoto: Bundesarchiv, Stasi-Mediathek, Sammlung des Bundesarchivs, Stasi-Mediathek

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